Die Experten Prof. David Tan & Hung Tieu beantworten in diesem Interview, häufig gestellte Fragen ihrer Interessent:innen und Auftraggeber:innen bezüglich „Objectives and Key Results”
1. Was bringt uns überhaupt OKR? Bisher ging es doch auch ohne OKR.
2. Ersetzt OKR eine Strategie bzw. strategische Ziele?
3. Wofür benötigen wir zusätzlich noch OKR, wenn wir schon Scrum verwenden?
4. Ersetzt OKR Scrum?
5. Wie lassen sich beide Methoden kombinieren?
Auf diese relevanten Fragen wollen wir in diesem Beitrag gerne eingehen:
Zu Frage 1: Was bringt uns überhaupt OKR? Bisher ging es doch auch ohne
David Tan: OKR ist ein Rahmenwerk, um in einem komplexen Umfeld Strategien agil und erfolgreich umzusetzen (so setzen Unternehmen wie z. B. Google, Adobe, Amazon, Deloitte, Facebook, Microsoft, Spotify, Zalando OKR bereits erfolgreich ein).
Auch vor der Corona-Pandemie war bereits von der „VUCA-Welt” die Rede. Doch seit der Corona-Pandemie wurde die VUCA-Situation noch verschärft.
So hören wir von unseren Auftraggebern z. B. sehr oft folgenden Satz: „Wir fahren nur noch auf Sicht!“
Genau in dieser Situation wird der Mehrwert, den <strong>OKR als Framework für die agile Strategieumsetzung</strong> bietet, deutlich:
Durch den Einsatz von OKR können sowohl Unternehmen als auch Non-Profit-Organisationen oder auch einzelne Geschäftsbereiche ihre Strategien agil, iterativ und erfolgreich realisieren, indem quartalsweise 3–4 strategisch relevante Ziele (Objectives) definiert und mit jeweils 2–4 konkreten Ergebnissen pro Ziel (Key Results) messbar hinterlegt werden.
Durch diese iterative Vorgehensweise kann die Organisation im Rahmen der agilen Strategieumsetzung flexibler agieren und steuern bzw. wesentlich schneller auf Unvorhergesehenes reagieren.
Zu Frage 2: Ersetzt OKR eine Strategie bzw. strategische Ziele?
David Tan: Nein, OKR ersetzt weder die Strategie noch die strategische Ziele. Im Gegenteil!
Um OKRs sinnvoll einzusetzen, werden strategische (herausfordernde) „Durchbruchsziele” für z. B. die nächsten 3–5 Jahre benötigt, die erreicht werden müssen, wenn sich die Organisation signifikant von anderen Wettbewerbern abheben will („Besser und anders sein!“).
„Strategische Ziele sind jene wenigen besonders erfolgskritischen Zustände, die erreicht werden müssen, damit die Vision unter Berücksichtigung des gesetzten Geschäftsmodells realisiert werden kann. Etwa weil sie eine besondere Veränderung des Status quo erfordern oder weil es sich um kritische Themen handelt, bei denen man auf keinen Fall schlechter werden darf. “ (Quelle: Greiner, O.: „Touchdown. Wie Unternehmen unschlagbar werden“, Hamburg 2018, S. 223.)
Diese strategischen Ziele werden als „Leitplanken“ für den erfolgreichen Einsatz von OKR benötigt. Denn von diesen strategischen Durchbruchszielen werden die strategischen Jahresziele „Moals“ abgeleitet („Moals“ ist eine Wortkombination aus „mid-term“ und „goals“). Um diese strategischen Jahresziele (Moals) schließlich erfolgreich und agil mithilfe von OKR zu realisieren, werden pro Quartal 2–4 strategische Ziele (Objectives) sowie konkrete 1–2 Ergebnisse (Key Results) pro Objective für die Messung der Zielerreichung definiert und umgesetzt.
Zu Frage 3: Wofür benötigen wir zusätzlich noch OKR, wenn wir schon Scrum verwenden?
Hung Tieu: Mithilfe von Objectives & Key Results entwickelt man die gesamte Organisation bzw. einzelne Geschäftsbereiche strategisch weiter, indem man iterativ von Quartal zu Quartal strategisch relevante Ziele (Objectives) und konkrete zu erreichende Ergebnisse (Key Results) definiert. So können Organisationen bzw. Geschäftsbereiche sich auf die entscheidenden strategisch relevanten Ziele fokussieren.
Die Verbindung bzw. Verknüpfung von OKR und Scrum als Framework für agiles Projektmanagement entsteht durch die strategischen Projekte, die definiert und realisiert werden, um die strategischen Ziele schließlich zu erreichen.
Zu Frage 4: Ersetzt OKR Scrum?
Hung Tieu: Nein, Scrum wird dadurch nicht ersetzen, sondern ergänzt!
Im Rahmen eines agilen Managements werden beide Frameworks benötigt:
✔ OKR als Framework für die agile Strategiearbeit und
✔ Scrum als Rahmenwerk für agiles Projektmanagement.
Durch OKR wird somit das agile Management komplettiert.
Zu Frage 5: Wie lassen sich die beiden Methoden kombinieren?
Hung Tieu: Beide Methoden können sehr gut miteinander kombiniert werden. Hier sind einige Beispiele aus der Praxis:
So kann ein Team zu Beginn eines OKR-Zyklus seine OKRs für das nächste Quartal definieren und in die Liste („OKR-Backlog“) schreiben.
Während des Zyklus können dann beispielsweise einzelne Key Results mittels Scrum-Projekten auf detaillierter Ebene agil umgesetzt werden.
Führt ein Scrum-Team verschiedene Scrum-Events durch, wie z. B. ein Weekly, so muss sich hier der Zeitaufwand durch OKR nicht wesentlich erhöhen.
Es ist sinnvoll, in diesem Weekly zusätzlich noch über die weiteren Objectives & Key Results zu sprechen, welche das Team noch verfolgt.
Auch die Retrospektiven von Scrum und OKR können gut miteinander verknüpft werden.
Des Weiteren bietet es sich an, dass der Scrum-Master gleichzeitig auch ein OKR-Professional ist, da sich diese beiden Rollen in einigen Aspekten sehr ähnlich sind und auch hier im Umkehrschluss kein Doppelaufwand entstehen muss.
OKR kann für Scrum-Teams sogar sehr nützlich sein, wirkliche Autonomie und Selbstorganisation zu erhalten und somit selbstständig festzulegen, an welchen (strategischen) Zielen sie in nächster Zeit arbeiten möchten. Somit kann es auch gezielt eingesetzt werden, um den Product-Backlog der Scrum-Teams zu priorisieren, indem vor allem die Scrum-Projekte durchgeführt werden, welche einen direkten Einfluss auf die strategisch relevanten Objectives & Key Results des Teams haben.
Diese Betrachtungsweise hilft Scrum-Teams auch dabei, eine Verbindung zur Unternehmensvision, zur Strategie und den Projekten herzustellen, um die Frage zu beantworten: „Warum arbeiten wir eigentlich genau an diesen Projekten?”