Wir alle wünschen uns knackige und ergebnisorientierte Besprechungen: Thema, Fakten, Diskussion, Entscheidung. Doch leider laufen die meisten Debatten ganz anders ab: Sie ziehen sich in die Länge, sind wenig ergebnisorientiert und lassen Objektivität vermissen. Aber keine Sorge: erfolgreich zu diskutieren und zu argumentieren ist möglich und absolut kein Hexenwerk. Wenn die Fakten auf dem Tisch liegen und die Sachverhalte klar formuliert sind, steht auch einer guten und schnellen Entscheidung nichts mehr im Wege.
Fakten sind Tatsachen
ZDF ist in den Unternehmen heute die Abkürzung für „Zahlen, Daten, Fakten“. Das ist eine gute Leitformel für eine gemeinsame Grundlage der Argumentation. Wenn in der Firma zum Beispiel der Umsatz zum Thema gemacht wird, dann sollten für die Erörterung ein paar Zahlen vorbereitet werden wie der aktuelle Umsatz, die Entwicklungen der letzten Monate oder Vergleichszahlen aus Vorjahren. Grundsätzlich gilt: Je besser Sie vorbereitet sind und Ihre Argumente mit entsprechenden Zahlen/Fakten untermauern können, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Relevanz und Aussagekraft infrage gestellt werden.
Begriffe definieren, Zahlen unstreitig stellen
Problematisch wird es hingegen, wenn beispielsweise die Datengrundlage nicht sauber geklärt ist oder Begriffe unterschiedlich verwendet werden: Ist mit „der letzte Monat“ der letzte Kalendermonat oder etwa die letzten 30 Tage von heute an rückwärts gerechnet gemeint? So kann es leicht zu Missverständnissen und Verstimmungen kommen: Für eine produktive Erörterung etwaiger Maßnahmen ist es am effizientesten, wenn man so schnell wie möglich die Zahlen unstreitig stellt und Begriffe eindeutig definiert, um dann die möglichen Schlussfolgerungen zu diskutieren.
Zahlen am Maßstab einordnen
„Der Umsatz hat sich in den letzten drei Monaten verdoppelt!“, verkündet der Enthusiast. „Etwa von 100 auf 200 Euro?“, fragt der Skeptiker nach. Dieses Szenario soll Folgendes verdeutlichen: Keine Zahl ist an sich hoch oder niedrig, sicher oder riskant. Erst wenn wir die Zahlen bewerten, erlangen sie die entsprechende Bedeutung. Daher brauchen wir beim Einordnen einen Maßstab. Beim Fieber wissen alle, dass eine Körpertemperatur oberhalb von 39 Grad Celsius bedenklich ist. Bei vielen anderen Werten fehlen solche Maßstäbe. Diese müssen jedoch unbedingt eingeführt werden. Zum Beispiel müsste eine vollständige, unmissverständliche Aussage bezüglich des aktuellen Krankenstandes in einem Unternehmen folgendermaßen lauten: „Wir haben einen Krankenstand von neun Prozent, das ist etwas mehr als das Doppelte des deutschen Jahresdurchschnitts im Jahr 2021, der lag bei 4,3 Prozent“.
Zahlen ins Verhältnis setzen
Die Wissenschaft legt zudem auch größten Wert auf die „Stichprobe“ – also die Frage, wie viele Personen / Einheiten für den Prozentwert überhaupt zugrunde lagen. Wenn sich zum Beispiel. die genannten neun Prozent auf eine Grundgesamtheit von elf Personen bezieht, dann war ja nur eine Person krank – und dann verliert der vermeintlich hohe Wert auch sofort seine Bedrohung.
Die Kehrseite im Blick behalten
Ab und zu lassen wir uns von Zahlen zu schnell beeindrucken, insbesondere wenn sie dramatisch genug vorgetragen werden. „Jeder Fünfte hat ein Problem mit…“ klingt besorgniserregend. Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch: „80 Prozent kommen gut klar mit…“. So hat jedes Argument ein zahlenbasiertes Komplementär–Argument – die berühmte Kehrseite der Medaille.
Besteht wirklich Handlungsbedarf?
Bei der Bewertung von Fakten ist immer die Frage zentral, ob die Zahlen einen Handlungsbedarf auslösen, oder ob man den Dingen einfach seinen Lauf lassen kann. So hat sich in der Praxis gezeigt, dass es deutlich mehr Pro-Argumente als die knappe Mehrheit von 51 Prozent benötigt, um eine klare Entscheidung fällen zu können. Denn halten sich Für und Wider in etwa die Waage, hat der Status Quo höchstwahrscheinlich seine Berechtigung und es besteht aktuell kein Anlass aktiv zu werden. Manchmal schießen Werte auch in Folge eines bestimmten Ereignisses in die Höhe. In dem Krankenstands-Beispiel: Wenn mehrere Mitarbeiter des Unternehmens in einen privaten Unfall verwickelt waren, wäre das ein Sondereffekt, den man vernachlässigen kann. Oder wenn drei Mitarbeiter kurz vor der Rente regelmäßig ausfallen, weil sie chronisch an Rheuma erkrankt sind, wäre eine Diskussion über Maßnahmen zu gesunder Ernährung für alle Mitarbeiter/-innen ebenso fehl am Platz. Wenn aus den Zahlen aber eine klare Tendenz abzulesen ist, und sich die Sache auch nicht von allein löst, müssen entsprechende Maßnahmen in Angriff genommen werden.
Szenarien durchrechnen
Man kann sich alles „schön rechnen“ oder „schlecht rechnen“, aber sinnvoll ist das nicht. Die Berechnung des Best Case oder Worst Case macht zwar den Rahmen klar, die Realität findet aber meistens in der Mitte statt. Daher ist es für eine vernünftige Entscheidung unbedingt ratsam, ein paar Fälle mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit zu berechnen. Statistiker empfehlen, dabei die Normalverteilung zugrunde zu legen und sich schrittweise von der Mitte der Glockenkurve nach außen zu arbeiten. So macht die Kalkulation von Szenarien künftige Verläufe transparent und berechenbar. Auf dieser Grundlage lässt sich dann gut entscheiden, welche Maßnahmen den besten Erfolg erwarten lassen – zum Beispiel orientiert sich ein ausgewogenes Gesundheitsmanagement letztlich an den häufigsten Leiden der Beschäftigten: Rückenleiden oder psychische Belastungen.
Kosten-Nutzen-Rechnung aufmachen
„Was diskutieren wir eigentlich?“ Diese Frage stellt sich leider viel zu häufig im Laufe einer Debatte, wenn zu Beginn der Sachverhalt nicht klar herausgestellt wurde. Allgemein formuliert, handelt es sich im Grunde immer um die Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile. Auf die konkreten Entscheidungen hin angewendet ist es meist ein Preis- / Leistungsvergleich, oder auch der Aufwand– / Nutzen Vergleich. Für einen Einkäufer ist die Sache immer klar, denn wenn er sich gegen „kaufen“ entscheidet, dann bekommt er ja auch kein Produkt. Ungleich schwieriger verhält es sich beispielsweise bei einer vorbeugenden Maßnahme. Hier verfahren wir wie beim Risikomanagement: Wie hoch ist das Risiko, dass ein „Ernstfall“ eintritt und wie schwer wiegen die Folgen, wenn wir nichts tun? Und wie hoch ist der Vorbeugungsaufwand, dass der unerwünschte Fall nicht eintritt? In dem Krankenstands-Beispiel stehen dann also nicht eingetretene Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall den Aufwänden einer betrieblichen Gesundheitsvorsorge gegenüber.
Zu guter Letzt: Entscheiden und umsetzen
Argumentation und Diskussion dienen nicht dem reinen Selbstzweck. Vielmehr sind sie wichtige Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung. Nach der Erörterung sollten daher zwei bis drei Optionen zur Debatte stehen und anschließend auf Basis einer sachlichen Diskussion der Fakten die Entscheidung für die Option mit den günstigsten Prognosen fallen. Ob nun genau diese Erwartungen auch eintreffen, ob die Maßnahmen fortgesetzt werden können oder angepasst werden müssen, klärt die Evaluation. In einem vereinbarten Zeitraum werden neue Daten und Fakten gesammelt, die dann Grundlage einer neuerlichen Bewertung der Situation sind. So schließt sich der Kreis beim erfolgreichen Diskutieren und Argumentieren mit Fakten.