Mit der stetig steigenden Anzahl von Projekten wächst in Unternehmen auch die Zahl der benötigten Projektleiter:innen.
Wo die internen Ressourcen an qualifiziertem Personal begrenzt sind, kann Coaching weiterhelfen.
Mehr Projekte durch hohen Veränderungsdruck
Kurze Produktlebenszyklen, hoher Wettbewerbsdruck, eine in stabile Wirtschaft, neue Formen der Zusammenarbeit – Unternehmen sehen sich auf vielen Seiten einem hohen Veränderungsdruck ausgesetzt. Bewältigt werden diese Veränderungen heute in der Regel, indem man ein Projekt aufsetzt. Das steigert den Bedarf an qualifizierten und kompetenten Projektleiterinnen und Projektleitern. Wo diese fehlen, übernehmen Mitarbeiter:innen aus Fachbereichen mit wenig Projekterfahrung diese Rolle. Sie müssen einerseits zentrale Werkzeuge und Methoden beherrschen, um die ihnen anvertrauten Projekte methodisch gut aufzusetzen und zu steuern. Andererseits, und für den Projekterfolg nicht weniger wichtig, übernehmen sie mit der Projektleitung eine Führungsaufgabe, deren Herausforderung darin besteht zu führen, ohne disziplinarische Weisungsbefugnis ausüben zu können. So entstehen komplexe Projektsysteme, die häufig zu Konflikten und Fragestellungen führen, die die Projektleiterin oder den Projektleiter und das Projektteam blockieren und demotivieren.
Coaching für den Projekterfolg
Ein begleitendes Coaching kann wirkungsvoll und schnell das „Training on the Job“ der frisch gekürten Projektleiter:innen unterstützen. Die coachende Person hilft Projektleiter:innen durch ihre Sichtweise von außen, die Beziehungen und Prozesse im Projekt zu reflektieren und Widersprüche zu erkennen. Damit ermöglicht die coachende Person zum Beispiel der Projektleiterin oder dem Projektleiter, hintergründige Zusammenhänge zu betrachten, die eigene Rolle kritisch zu reflektieren, sich der Komplexität bewusst zu werden und Ansatzpunkte für Lösungen zu finden. Das erklärte Ziel lautet, die Lösungskompetenz des Coachees nachhaltig und dauerhaft zu verbessern und ihm „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu ermöglichen.
Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dem Coachee eine ganzheitliche, systemische Betrachtungsweise nahezubringen. Die coachende Person unterstützt den Coachee dabei, seine Sicht- und Verhaltensweisen sowie Handlungsmuster zu hinterfragen und gegebenenfalls zu ändern, um so Änderungen im System zu bewirken. Das System besteht dabei aus Beziehungen, sozialen Regeln, Kommunikation und Handlungen der unterschiedlichen Akteure, die im wechselseitigen Einfluss zueinander stehen. Die coachende Person behält die neutrale Sichtweise und analysiert, ob ihre Methoden zu dem passen, was sie als Ursache für bestimmte Probleme hält. Sie muss entscheiden, ob sich damit die Sichtweise des Coachees auf die Situation und die handelnden Personen beeinflussen lässt.
Systemischer Ansatz vermeidet blinde Flecken
Wenn eine coachende Person einen Coachee beim Wechsel in eine neue Position begleitet, ist es wichtig, den Grundsatz des systemischen Denkens zu beachten. Wie Interventionen wirken, ist durch das jeweilige soziale System definiert und von System zu System verschieden. So kann es zum Beispiel ein folgenschwerer Fehler neuer Führungskräfte oder Projektleiter:innen sein, Veränderungen zu schnell herbeizuführen, ohne zu wissen, wie diese bei den Kolleginnen und Kollegen sowie bei den Mitarbeitenden ankommen oder welche Konsequenzen sie nach sich ziehen. Um erfolgreich handeln zu können, muss ein:e Projektleiter:in erst das System in diesem, für sie oder ihn neuen, Umfeld kennenlernen.
Damit das Coaching gelingt, müssen Coach:in und Coachee ein gemeinsames Systemverständnis entwickeln und sich verstehen. Der Coachee sollte selbst seinen Bedarf formulieren können und auf freiwilliger Basis mit der coachenden Person zusammenarbeiten, ohne von ihr eine Expertenlösung zu erwarten. Die coachende Person muss nicht unbedingt eine aktive, operative Rolle im Projekt übernehmen, sollte aber Erfahrungen im Projektmanagement haben, um die zentralen Fragestellungen und Herausforderungen zu verstehen. Verfügt sie über die entsprechenden fachlichen und methodischen Qualifikationen, kann sie seinen Coachee auch methodisch unterstützen. Bei unerfahrenen Projektleiterinnen und Projektleitern kann sonst ein Vakuum im methodischen Projektmanagement entstehen, das die Rolle der Projektleiterin oder des Projektleiters schwächt und langfristig zu unzureichenden Projektergebnissen führt.
Projekt-Coaching in der Praxis
Für ein Projekt im Investment Banking einer Bank war Torsten Otto, einer der Autoren dieses Artikels, als externer Berater eingesetzt. Ziel des Projektes war es, einen Bereich mit neuen Geschäftsmodellen im Investment Banking aufzubauen und die Geschäftstätigkeit auf das außereuropäische Ausland auszuweiten. Die fachliche Projektleiterin hatte keine Erfahrungen im Projektmanagement. Der externe Berater sollte sie als Coach methodisch und fachlich unterstützen. Um der fachlichen Projektleiterin Sicherheit zu geben, klärte der Coach zunächst deren Rolle mit ihren Auf gaben und Verantwortlichkeiten. Gleichzeitig wandte man gemeinsam die bewährten Projektmanagement-Methoden an, um das Projekt in den gegebenen Rahmenbedingungen auf den Weg zu bringen. Aufgrund einer guten Vertrauensbasis konnten auch heikle Themen angesprochen werden wie die Positionierung zum Auftraggeber und eigenen Vorgesetzten. Schließlich übernahm die fachliche Projektleiterin immer mehr Aufgaben komplett selbstständig und zeigte, dass sie die Projektmanagement-Methodik verstanden hatte. Zwischenzeitlich erwog sie sogar, ihre fachliche Laufbahn gegen eine Projektleiter-Laufbahn zu tauschen.
Qualifizierung und Projekt-Coaching – Erfolgreiche Werkzeuge für wirksame Veränderungen
Durch erfolgreiche Projekte schnell notwendige Veränderungen herbeizuführen wird zum zentralen Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Unerfahrene Projektleiter:innen in ihrer neuen Rolle zu coachen, wirkt positiv auf den Projekterfolg. Das haben Projekt- Coachings in vielen Unternehmen gezeigt. Dennoch bleibt es wichtig, und sollte an erster Stelle stehen, Projektleiter:innen umfassend in Projektmanagement-Methodik auszubilden und ihre Soft-Skills zu fördern. Ein begleitendes Projekt-Coaching kann Projektleiterinnen und Projektleitern dann umso mehr in konkreten Situationen helfen, das Gelernte schnell in der Praxis anzuwenden.
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Autoren:
Torsten Otto
PMP, Leiter Competence Center Projekt-, Prozess- und Change Management Haufe Akademie. Fokus: Optimierung von Projektmanagement, Konzeption/Umsetzung von Entwicklungsprogrammen und Veränderungsprojekten, Coaching. Langjährige Erfahrung als Führungskraft, Berater, Trainer und Coach.
Petra Sauer
Marketing & Event Manager ETECTURE GmbH. Langjährige Erfahrung in der Projektleitung von Tagungen und Events, zuvor unter anderem Consultant im Projektmanagement und in der Programmkoordination von firmeninternen Qualifizierungen bei der Haufe Akademie.