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Wirksamer Diskriminierungsschutz im Unternehmen

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Die Realität zeigt: Diskriminierung am Arbeitsplatz ist ein weit verbreitetes und dennoch häufig unterschätztes Problem. Sie kann in verschiedenen Formen auftreten, sei es aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, des Alters oder anderer im AGG beschriebener persönlicher Merkmale. Solche Diskriminierungen beeinträchtigen nicht nur das individuelle Wohlbefinden, sondern wirken sich auch negativ auf die Produktivität und das Arbeitsklima im Unternehmen aus.

Doch was können Arbeitgeber dagegen tun? – Eine Menge! In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie mithilfe der Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) einen wirksamen Diskriminierungsschutz in Ihrem Unternehmen aufbauen können. Wir zeigen Ihnen, wie Sie eine inklusive Unternehmenskultur fördern und ein gerechtes Arbeitsumfeld für alle Beschäftigten gestalten.

Faktencheck: Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung
In Deutschland erlebten im Jahr 2022 39 % der trans* und 38 % bzw. 37 % der inter*-Personen Diskriminierung bei der Jobsuche oder am Arbeitsplatz.

Quelle: Charta der Vielfalt, DDT 2023 Fact Sheet

Gleichbehandlung in der Praxis: Der Equal-Pay-Grundsatz

„Der Kollege hat sein Gehalt eben besser verhandelt.” Gilt das? Keineswegs, denn: Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts darf eine unterschiedliche Bezahlung bei gleicher Arbeitsleistung von Frauen und Männern nicht damit begründet werden, dass der Mann oder die Frau besser beim Gehalt verhandelt hat.¹ Der Equal-Pay-Grundsatz ist ein zentrales Element im Kampf gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Es besagt, dass Frauen und Männer, die die gleiche Arbeit verrichten und über vergleichbare Qualifikationen verfügen, gleich bezahlt werden müssen. Das Ziel? Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede beseitigen, um Chancengleichheit für alle Beschäftigten zu gewährleisten.

Versteckte Diskriminierung: Was bedeutet mittelbare Benachteiligung?

Das AGG verbietet auch mittelbare Diskriminierungen. Diese sind oft weniger offensichtlich, können aber dennoch erhebliche Auswirkungen haben. Diese Form der Diskriminierung liegt dann vor, wenn scheinbar neutrale Regelungen oder Praktiken bestimmte Beschäftigtengruppen tatsächlich benachteiligen.

Beispiel
Ein Arbeitgeber benachteiligt seine Teilzeitbeschäftigten gegenüber den Vollzeitmitarbeitenden, indem er den Teilzeitkräften bestimmte betriebliche Sonderleistungen vorenthält. Bei den Teilzeitbeschäftigten des Unternehmens handelt es sich ausschließlich um Frauen. Die Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten stellt daher eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Wann ist eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt?

Obwohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Diskriminierungen am Arbeitsplatz verbietet, gibt es bestimmte Situationen, in denen eine Ungleichbehandlung ausnahmsweise gerechtfertigt sein kann. Diese Ausnahmen sind jedoch eng begrenzt und müssen bestimmte rechtliche Kriterien erfüllen. Zu den Ausnahmen zählen:

1. Berufliche Anforderungen (§ 8 AGG): Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund eines in § 1 AGG genannten Merkmals kann gerechtfertigt sein, wenn dieses Merkmal aufgrund der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Dabei muss der Zweck dieser Ungleichbehandlung rechtmäßig und die Anforderung angemessen sein.

Beispiel: Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts erlaubte es, die Ausschreibung einer Erzieherinnenstelle in einem Mädcheninternat auf Bewerberinnen zu beschränken, da die Tätigkeit Nachtdienste im Internat beinhaltete.² Dies diente dem Schutz der Intimsphäre der Mädchen und rechtfertigte somit die Beschränkung auf weibliche Bewerberinnen.

2. Religionsbezogene Anforderungen (§ 9 AGG): Religionsgemeinschaften dürfen bei der Auswahl der Beschäftigten nach Religion oder Weltanschauung unterscheiden, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

3. Altersbezogene Anforderungen (§ 10 AGG): Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist zulässig, wenn sie objektiv und angemessen ist und ein legitimes Ziel verfolgt.Beispiel: Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die tarifvertragliche Altersgrenze von 65 Jahren für Piloten keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt.³

AGG-Richtlinien für Arbeitgeber: Pflichten und Maßnahmen

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) legt klare Pflichten und Maßnahmen für Arbeitgeber fest, um Diskriminierung am Arbeitsplatz zu verhindern und zu bekämpfen.

  • (Präventiv-)Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierungen: z.B. durch Trainings oder Schulungen von Mitarbeitenden und Führungskräften
  • Schutzpflicht gegenüber den Beschäftigten: Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Beschäftigten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit vor Diskriminierungen durch Dritte, z. B. Kunden oder Geschäftspartner zu schützen.
  • Pflicht zur Verhinderung von Diskriminierung: Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot, muss der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen, z. B. Abmahnung, Versetzung oder auch Kündigung ergreifen.
  • Hinweis- und Mitwirkungspflicht: Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten in geeigneter Form über das AGG und das darin enthaltene Benachteiligungsverbot informieren und darauf hinwirken, dass Benachteiligungen unterbleiben. Dies kann durch Schulungen und Informationen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung geschehen.
  • Aushangpflicht: Das AGG gehört zu den aushangpflichtigen Gesetzen. Das bedeutet, dass der Gesetzestext im Betrieb an einer für alle Beschäftigten zugänglichen Stelle ausgehängt oder im betrieblichen Intranet veröffentlicht werden muss.
  • Zusätzliche Informationen: Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten über § 61b Arbeitsgerichtsgesetz informieren, der das Verfahren für Entschädigungsklagen regelt. Außerdem müssen sie die Beschäftigten darüber informieren, wo sie sich über Benachteiligungen beschweren können.
  • Einrichtung einer Beschwerdestelle: Arbeitgeber sind verpflichtet, eine Beschwerdestelle im Betrieb einzurichten. Diese dient als Anlaufstelle für Beschäftigte, die von Diskriminierung betroffen sind oder sich diskriminiert fühlen.
  • Maßregelungsverbot beachten: Das sogenannte Maßregelungsverbot besagt, dass ein Arbeitgeber eine:n Beschäftigten nicht deshalb benachteiligen oder sanktionieren darf, weil diese:r von seinen:ihren Rechten nach dem AGG Gebrauch gemacht hat.

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Zu unseren Tagungen im Bereich Personalmanagement

¹ BAG, Urteil vom 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21.
² BAG, Urteil vom 28.05.2009, Az. 8 AZR 536/08.
³ EuGH, Urteil vom 05.07.2017, Az. C-190/16.

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Online-Redaktion

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