Die zentrale Rolle von Gesundheitsmanager:innen im Unternehmen – (k)ein Zukunftsfeld der Personalentwicklung
Unsere Gesundheit ist uns lieb und teuer. Was früher nur privat gelebt wurde, wandert zunehmend in die Unternehmen. Der positive Effekt dieser Entwicklung ist unbestritten: Gesundheitsfördernden Maßnahmen in Unternehmen wie z.B. Massagen im Büro, Rückenschulungen am Fließband, Hygienepläne für Grippewellen sind gute und wichtige erste Schritte, um die Gesundheit der Mitarbeiter:innen zu unterstützen. Einzelmaßnahmen und punktuelle Aktionen sind aber noch kein umfängliches Betriebliches Gesundheitsmanagement (im Folgenden „BGM” genannt) BGM ist von der Einführung bis zur validen Messbarkeit der ergriffenen Maßnahmen auf zwei bis drei Jahre angelegt.
Es bedarf zur Einführung eines effektiven BGM einer zentralen Stelle oder Person, die die Kompetenzen bündelt und den Prozess anleitet: der:die Gesundheitsmanager:in im Unternehmen. Von dieser Person ausgehend, können Gremien wie der Arbeits- und Steuerungskreis im Unternehmen geschaffen werden, können Führung und Geschäftsleitung für ihre aktive Rolle im BGM einbezogen werden.
Professionelles Gesundheitsmanagement erfordert Profis
Denken Sie nun darüber nach, eine zentrale Stelle (Teilzeit oder Vollzeit) zu schaffen, die sich dieses Themas annimmt und sich im Betrieblichen Gesundheitsmanagement fortbildet? Überlegen Sie, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Personalabteilung oder Führungskräfte sich das nötige Wissen nicht im Selbststudium aneignen könnten?
Für die Vielzahl an Angeboten, Anbietern, Maßnahmen braucht es eine Fachkraft, die den Überblick über den stetig wachsenden BGM-Dschungel behält. Das können einzelne Führungskräfte oder auch die Unternehmensleitung selbst nicht vollumfänglich leisten.
Diese zentrale Person, die die Kompetenzen bündelt und dafür sorgt, dass die Gesundheitsförderung oder das Gesundheitsmanagement strukturiert und für das Unternehmen sinnvoll gestaltet werden, muss gut ausgebildet sein. Es gibt im Markt viele gute Aus- und Weiterbildungen verschiedener Anbieter, die sich in Dauer und Intensität unterscheiden. Hier lohnt sich eine gewissenhafte Recherche.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sollte bedacht werden: der:die Gesundheitsmanager:in braucht Zeit, sich ein internes Netzwerk an Mitstreitern aufzubauen. Denn jede Abteilung hat ihre eigenen Punkte, die Stress auslösen. Oft ist der Stresslevel je Mitarbeiter:in auch sehr unterschiedlich. Ein weiterer Punkt sind Erkrankungen von Mitarbeitenden. Wer nähert sich dem Thema? Wer muss wie handeln? Im Unternehmensalltag oft ein wunder Punkt, denn man möchte und kann auch nicht Arzt oder Ärztin bzw. Therapeutin oder Therapeut spielen. Aber nichts sagen und weg sehen? Das verträgt sich nicht mit der weitreichenden Sorgfaltspflicht, die Arbeitgeber tragen. Durch den:die Gesundheitsmanager:in fließen schon im Vorfeld an die Mitarbeiter:innen unterstützende Informationen, um sie für Themen zu sensibilisieren und deren Gesundheitsbewusstsein zu steigern. Das kann durch einen Blog oder Blogbeitrag sein, durch ein Webinar oder einen kleinen Kurzfragebogen (natürlich anonymisiert und nur auf freiwilliger Basis).Weitere Schritte sind zum Beispiel das aufbauen eines Ärztenetzwerks und die Einbeziehung der Krankenkassen. Standbein sind auch die Führungskräfte. Sie sollten geschult werden, Gespräche mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder im Team zu führen. Ihre Ängste vor diesen Gesprächen werden in Schulungen aufgegriffen und abgebaut. In der Folge ist die Führungskraft befähigt, diese Themen proaktiv anzugehen.
Laienhafte Schlussfolgerungen von Ursache und Wirkung schaden
Wie ein professioneller bzw. eine professionelle Gesundheitsmanager:in vorgeht, zeigt das Beispiel der depressiven Erkrankungen. Die Symptome der Erkrankung sind vielfältig und bleiben oft unerkannt. Mangelnde Konzentration, wiederkehrende Fehlzeiten, sprunghafte Verhaltensänderungen. Psychische Erkrankungen sind zwar in aller Munde und immer wieder eine beliebte Schlagzeile in den Medien, sie werden aber im beruflichen Umfeld häufig nicht ernst genommen. Darauf mit der relativ einfachen Schlussfolgerung zu reagieren, dass die Betroffenen nur zum Therapeuten gehen müssen, ist laienhaft.
Ein guter bzw. eine gute Gesundheitsmanager:in stellt vorab Fragen und sucht nach möglichen Einflussfaktoren:
Warum gibt es heute mehr „erkannte” depressive Erkrankungen?
Tatsächlich nehmen die psychischen Erkrankungen nicht unbedingt zu, lediglich die Diagnosen werden heute häufiger gestellt. Früher galten Depressionen als „Makel” und wurden verschwiegen und gar nicht diagnostiziert. Heute ist das Thema als Volkskrankheit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Bei Depressionen kommt hinzu, dass sich dahinter andere körperliche Erkrankungen verbergen können und sie lediglich ein Symptom darstellten. Beispiele hierfür sind Nahrungsmittelunverträglichkeit, wie Fruktose-Unverträglichkeit, ein menstruationsbedingter Eisenmangel oder eine Schilddrüsenunterfunktion.
Wer ist der:die richtige Ansprechpartner:in, was die richtige Therapie?
Der:die Psychotherapeut:in ist daher in den meisten Fällen einer Depression der:die falsche ERSTE Ansprechpartner:in. Zunächst sollten körperliche Ursachen ausgeschlossen werden und ein medizinischer Check vorgenommen werden.
Wie identifiziert man eine Depression?
Ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter eine depressive Symptomatik entwickelt, ist häufig nur schwer zu erkennen. Häufig bemerkt es der Arbeitgeber erst dann, wenn derjenige mehrere Monate ausfällt. Um prophylaktisch vorgehen zu können und die Symptome bereits im Ansatz zu erkennen, ist es nötig, die Führungskräfte zu sensibilisieren, eine Gesundheitsbefragung einzusetzen und ein wirksames Vorsorgescreening-Konzept zu entwickeln.
Wie werden betroffene Mitarbeitende motiviert, aktiv therapeutische Maßnahmen zu ergreifen?
Zwingen kann man niemanden. Schon die Ansprache des Problems ist vielen Führungskräften unangenehm und daher wird das Problem verdrängt oder verschoben. Eine fürsorgliche Erstansprache durch den Vorgesetzten ist aber eine Möglichkeit, um Erkrankungen zu adressieren, bevor sie zu Langzeiterkrankungen eskalieren. Je früher Maßnahmen ergriffen werden, umso besser. . Wie schon ausgeführt können Unternehmen Im Rahmen der Gesundheitsförderung die eigene Gesundheitskompetenz der Mitarbeiter:innen steigern, sich über die eigene mögliche Erkrankung schlau zu machen und aktiv eine passende Behandlung zu suchen.
Fazit:
Das Beispiel zeigt: Gesundheitsmanagement ist komplex und muss professionell gemanagt werden. Vielschichtige Unternehmensstrukturen spiegeln sich auch in abteilungsspeziellen und abteilungsübergreifenden Auslösern wider. Aus diesem Grunde braucht es ein zentrales Gesundheitsmanagement, das mit dem Blick von oben Wirkzusammenhänge erkennt und Präventions- und Verhaltenskonzepte darauf abstimmen kann. Sonst verpuffen ihre Maßnahmen wirkungslos. Die Akzeptanz ihrer unternehmerischen Maßnahmen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schwindet, weil die Wirkung ausbleibt und die Maßnahmen als „Imagekampagne” abgetan werden. Nur durch die professionelle Steuerung und zentrale Stelle, kann die Gesundheitsförderung und das Gesundheitsmanagement erfolgreich und dauerhaft verankert werden.