Die Rentabilität zu steigern oder wenigstens zu halten bleibt für viele Unternehmen eine der zentralen, wenn nicht überlebensnotwendigen Herausforderungen. Gerade viele Kleinserien- und Einzelfertiger sind wenig profitabel. Das mag überraschen, denn beim Verkauf kundenindividueller Produkte würde man doch höhere Renditen erwarten. Offensichtlich ist es aber gar nicht so einfach, die größere Individualität in höhere Margen zu übersetzen.
Einige meiner Kunden haben modulare Produktstrukturen entworfen, sodass standardisierte Einheiten kostengünstiger produziert werden können. Der Erfolg dieser Maßnahme hängt allerdings davon ab, inwieweit es trotz Standardisierung gelingt, weiterhin individuelle Kundenbedürfnisse zu bedienen.
Für Verkäufer:innen wird es zunehmend schwieriger, Entscheider:innen rechtzeitig persönlich anzusprechen. Professionelle Einkäufer:innen sammeln bereits früh umfangreiche Informationen aus unterschiedlichen Quellen – online und offline – und bilden sich eine Meinung, bevor Gespräche mit potenziellen Lieferant:innen geführt werden.
Dennoch oder gerade deshalb wird es immer wichtiger, Kund:innenerwartungen zu erkennen und gezielt anzusprechen – auf allen Kanälen. Ich bin überzeugt: Die Konzentration auf die erfolgversprechendsten Kundengruppen ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Vertriebsarbeit. Nur, wenn die Zielkund:innen eindeutig bestimmt sind, können sämtliche Prozesse von der Produktentwicklung bis zur Marketingkommunikation auf die „richtigen“ Segmente ausgerichtet werden.
Eine selektive Marktbearbeitung bedeutet die Abkehr vom Gießkannenprinzip, in dem jede Anfrage in gleicher Weise bearbeitet wird – oder abhängig davon, welche:r Kolleg:in die höchste Priorität für „seine:n:ihre:n“ Kund:in erkämpft.
Eine bessere Kund:innenkenntnis führt zu passgenauen Angeboten und rückt die Leistung (statt des Preises) in den Mittelpunkt. Im Idealfall gelingt es einem Unternehmen, insgesamt als preiswert wahrgenommen zu werden, obwohl der Wettbewerb auf dem gleichen Preisniveau anbietet – oder sogar günstiger.
Welche Anforderungen stellen die Zielkunden?
Nach welchen Kriterien treffen Kunden eine Auswahl? Was nehmen sie wahr und was ist im Moment
der Entscheidung relevant?
Natürlich zählen auch im b2b-Geschäft nicht ausschließlich harte Fakten. Auch emotionale Faktoren wie Sicherheit und Beziehungsfragen können entscheidend sein. Wie aber entsteht Vertrauen und was macht gute Kundenbetreuung aus? Unternehmen, die die Anforderungen ihrer Kunden kennen, das Leistungsangebot daraufhin optimieren und es schaffen, den Nutzen über die gesamte „Customer Journey“ so darzustellen, dass eine schlüssige Botschaft die Kunden erreicht, können auch bei den „weichen“ Kriterien punkten.
Kaufmotive unterscheiden sich – von Kunde zu Kunde und für unterschiedliche Produkte. Meiner Erfahrung nach lassen sich aber (fast) alle leistungsbezogenen Aspekte unter wenigen Überschriften zusammenfassen:
- bessere Qualität (Produktsicherheit, Lebensdauer, …)
- höhere Effizienz (Verfügbarkeit, Einsparpotenzial, …)
- größere Flexibilität
- der Möglichkeit, dem eigenen Kunden etwas Besonderes zu bieten
Werden Produkteigenschaften diesen Überschriften zugeordnet, entsteht ein erstes Gerüst für
schlagkräftige Wertargumente.
Wie wollen wir die Anforderungen der Zielkunden erfüllen?
Auch bei kundenspezifischen Lösungen kann unterscheiden werden:
- Basisleistungen werden von den meisten Wettbewerbern angeboten. Nach allgemeiner Auffassung gehören sie zur „Grundausstattung”.
- Zusatzleistungen werden nicht von allen Wettbewerbern angeboten. Sie werden nicht als essenziell betrachtet, erleichtern aber z.B. Prozesse beim Kunden, oder sie stiften einenbesonderen Mehrwert.
- Sonderleistungen werden von einzelnen Kunden explizit gewünscht und erfordern oft technischeAnpassungen.
Basisleistungen können unveränderbarer Bestandteil eines jeden Auftrags sein. Um die auftragsbezogene Konfiguration zu vereinfachen, sollten einzelne Zusatzleistungen zu sinnvollen Paketen zusammengefasst werden. Je besser es im Verkaufsprozess gelingt, die Kund:innen von diesen Paketen zu überzeugen und sie von individuellen Optionen abzubringen, desto stärker kann die Variantenvielfalt reduziert werden. Alle Positionen, die nur selten verkauft werden, müssen auf den Prüfstand. So ergeben sich zusätzliche Ansatzpunkte für eine Portfoliobereinigung.
Die systematische Trennung in Basisleistungen und funktionale Pakete führt in mehrfacher Hinsicht
zu Verbesserungen:
- Der Konfigurationsprozess wird vereinfacht und standardisiert.
- Pakete werden mit Blick auf den Kundennutzen geschnürt.
- Grundausstattung und Pakete mit Minimalausstattung verhindern Over-Engineering.
Funktionale Pakete bilden auch die Grundlage für eine kundennutzenbasierte Preissetzung – und
damit die Steigerung des Ertrags.
Welche „Story“ erzählen wir?
Für Kundem sind technische Details oft schwer zu verstehen, und viele Entscheider:innensetzen sich zumindest ungern intensiv mit technischen Merkmalen auseinander. Was zählt ist der Mehrwert, nur ein echter „Benefit“ kann den Kunden überzeugen, genau Ihre Lösung und nicht das billigere Produkt des Wettbewerbs zu kaufen.
Gute „Value Stories“ müssen also einen Mehrwert aufzeigen, den die Wettbewerber so nicht bieten. Und da unterschiedliche Kundengruppen unterschiedliche Erwartungen haben, müssen sie für jedes Produkt, jede Leistung darauf zugeschnitten werden. Wenn der:die Kund:in erkennt, dass der Mehrwert einer Leistung für ihn die Mehrkosten übersteigt, dann sind auch höhere Preise möglich.
Systematischer Prozess der Preissetzung
Obwohl der Preis für die meisten Unternehmen den größten Gewinnhebel darstellt, wird immer noch viel zu wenig über die Preisfindung nachgedacht. Faustregeln und Intuition berücksichtigen in keiner Weise die Zahlungsbereitschaft der Kunden. Oft werden Kostensenkungen an die Kunden weitergegeben, und die entgangenen Profite können meist nicht durch hinzugewonnene Marktanteile ausgeglichen werden.
Im Gegensatz dazu berücksichtigt ein systematischer Prozess der Preissetzung auch kunden-
individuelle Nutzenaspekte.
Preise für Basisleistungen müssen sich am Wettbewerb orientieren. Aber Vorsicht: Auch Basisleistungen müssen Sie nicht unter Wert verkaufen! Selbst wenn die Produkte austauschbar scheinen, kann es sein, dass Kunden das Gesamtpaket aus guter Beratung, zuverlässigem Service, Qualitätsimage etc. sehr unterschiedlich wahrnehmen. Und diese Unterschiede sollten Sie zu Ihren Gunsten nutzen!
Zusatzleistungen sollten einen hohen Kundennutzen bieten. Das rechtfertigt einen höheren Preis!
Sonderleistungen für einzelne Kund:innen sind oft mit besonderem Mehraufwand verbunden. Den Aufwand und das damit verbundene erhöhte (technische) Risiko werden Kund:innen bezahlen, wenn sie sich davon einen besonderen Mehrwert versprechen.
Natürlich steht ein dickes Fragezeichen hinter der tatsächlichen Preisbereitschaft der Kunden. Je heterogener das Produktspektrum, je geringer die Stückzahlen, desto weniger sind bekannte Analysemethoden anwendbar. Aber gerade in den Märkten für sogenannte „Spezialprodukte“ führt die geringe Vergleichbarkeit auch zu einer vergleichsweise geringen Preissensibilität und eröffnet Raum für eine intelligente Preisdifferenzierung.
Intelligentes Bundling und eine geeignete Kommunikation können außerdem das Preis-Image positiv beeinflussen. So kann nicht nur die Trefferquote der Angebote erhöht, sondern zusätzlich auch der Preiswettbewerb abgemildert werden.
Warum Pricing immer wichtiger wird und wie Sie die Preissetzung im b2b optimieren können, um Ihre Profite und die Schlagkraft Ihres Vertriebs zu steigern, zeigen wir Ihnen gerne in unserem Seminar „Pricing für Investitionsgüter und Dienstleistungen“.