E-Procurement: Mit einem gesunden Mix aus klassischen Werkzeugen für den strategischen Einkauf und elektronischen Systemen im operativen Geschäft fahren Sie am besten!
Zunächst die Standortbestimmung: Ein Viertel der Unternehmen nutzen keine e-procurement-Tools. Bei denen, die e-procurement Tools nutzen, dominieren die Module Kataloge (67 %) und Lieferantenportal (50 %)¹ . Somit also auf den ersten Blick durchaus noch „Entwicklungspotenzial”! Und auch wenn bei Großunternehmen der Einsatz von Katalogsystemen mittlerweile Standard ist, so könnten diese durch eine Steigerung der Nutzungsintensität weitere Potenziale erschließen.
Kosten sparen durch den Einsatz elektronischer Werkzeuge?
Die häufig in Projekten vermutete Einsparung durch den Einsatz von elektronischen Werkzeugen, lässt sich in der Praxis nicht bestätigen. Häufig sind die klassischen Werkzeuge wie Ausschreibungen, Verhandlungen, Herstellkostenanalyse und Wertanalyse mit höheren Einsparungen verbunden als diese z. B. mit elektronischen Einsparungen erreicht werden können. Jedoch lehrt die Erfahrung auch, dass insbesondere bei austauschbaren Gütern, wie Dieselöl, Kopierpapier oder sonstigen Commodities durchaus nennenswerte Einsparungen mit geringem Aufwand erzielt werden können. Dabei ist es eine unter Praktikern bekannte Tatsache, dass durch die Verwendung von elektronischen Ausschreibungen und elektronischen Auktionen die persönliche Beziehung zum Lieferanten leidet und somit eine Entfremdung zwischen Einkauf und Lieferant erfolgt. Dies ist bei Commodities nicht schlimm – solange es genügend austauschbare Lieferanten gibt.
Kostenhebel Bestellsysteme
Gerade im operativen Einkauf sind im wesentlichen Bestellsysteme für indirekte Beschaffungsgüter, wie z. B. Büromaterial (z. B. Staples Advantage), Arbeitsschutzmaterialien und Handwerkzeuge etc. weit verbreitete Systeme, mit denen der Einkauf sich auf die wesentliche Aufgabe des Abschlusses von Rahmenverträgen und Verhandlungen von Preisen konzentrieren kann. Die Disposition, also der Abruf von Leistungen aus Rahmenverträgen, können in einem sicheren Prozess aus der Fachabteilung erfolgen.
Es geht nicht nur um den Preis
Steigen jedoch die logistischen und prozessualen Anforderungen an die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten, sollte gut überlegt werden, ob ein elektronisches Werkzeug sich nicht schädigend auf die Lieferantenbeziehung auswirkt. Letztlich stellen regionale Lieferanten, welche sich optimal auf die geforderten Leistungen der Einkäufer:innen einstellen, durchaus einen Wettbewerbsvorteil dar, der sich bei der Betrachtung der gesamten Kosten für Beschaffungsvorgänge messbar nachweisen lässt. Hierbei ist zu unterscheiden: Die Phase vor der eigentlichen Transaktion z. B. Lieferantenqualifizierung und Lieferantenauswahl, die eigentliche Transaktion selbst, der Beschaffungspreis sowie die Nebenkosten wie Transport, Zoll, Verpackung als auch die nachtransaktionalen Kosten, z. B. die Kosten für Gewährleistung, Nacharbeit oder auch Verfolgung von Schadenersatzansprüchen (Claimmanagement).
Letztlich geht es im Einkauf nicht um den besten Preis, sondern um die beste Gesamtkostenbilanz, da auch die mit der Beschaffung verbundenen Kosten vom Unternehmen aufgewendet und bezahlt werden müssen. Speziell diese mit der Beschaffung verbundenen Kosten werden oft durch das Einkaufscontrolling nicht systematisch erhoben, sodass es auf den ersten Blick so aussieht, als wären elektronische Werkzeuge und globale Beschaffungsquellen günstige Bezugsquellen. Das Einkaufscontrolling ist hier gefordert, transparente Maßstäbe für den Vergleich von Bezugsquellen im internationalen und lokalen Bereich bereitzustellen.
Kostenhebel Prozesskosten
Der elektronische Austausch von Beschaffungsdaten, wie z. B. Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Lieferavisen und Rechnungen, ist auch im direkten Einkauf wie z. B. von Produktionsmaterialien stark vertreten. Generell kann man sagen, dass die Vorteile elektronischer Werkzeuge im Einkauf in der Reduzierung von Prozesskosten, also den Aufwendungen für die Umsetzung wiederholender Arbeitsschritte, liegen.
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Im Fokus: Strategische Überlegungen
Es ist nur nahe liegend, auch für strategische Einkaufsaktivitäten e-Werkzeuge zu evaluieren. Insbesondere für die Ausschreibung von Beschaffungsobjekten, elektronische Auktionen und die Teilautomatisierung des Lieferantenmanagements können Einsparungen realisiert werden. Jedoch häufig auch um den Preis des Verlusts der persönlichen Beziehung der Marktteilnehmenden untereinander. Hier muss sehr sorgfältig abgewogen werden, insbesondere, da e-Lösungen im Bereich Auktionen, Lieferanten- und Supply Chain Management weder voll ausgereift sind, noch die Flexibilität bieten, die der Markt sich wünscht. Dies zeigt auch die aktuelle BME-Studie² , nach der sich Einkäufer:innen vor allem einfachere, effiziente Prozesse und höhere Interoperabilität der Programme wünschen.
E-Procurement – Katalogsysteme
- Prozesskosteneinsparung
- Einführung von Standardprozessen
- Vereinbachte Bestellabwicklung
- Reduzierte Aufwände für Rechnungsprüfungen
- Vorteile von Ausschreibungs- und Aktionsplattformen
- Vereinfachte Abwicklung des strategischen Beschaffungsprozesses
- Größere Anzahl von Lieferanten kann eingebunden werden
- Prozesse standardisiert und transparent
- Aufwand für Softwareimplementierung und -Betreuung
- Schulung der Mitarbeiter:innen
- Entfremdung zu den bestehenden Lieferanten
- Persönliche Beziehung zu Lieferanten wird reduziert
¹Quelle: convivax – Umfrage all about sourcing, April 2015
²Elektronische Beschaffung 2015: Stand der Nutzung und Trends, Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME)