In den 1960ern feierte die Matrix-Organisation in Unternehmen wie Citibank, Nestle, Xerox oder ABB große Erfolge – zumindest auf dem Papier. Die klassische Matrix-Struktur mit zwei Vorgesetzten bildete den Kern dieser Struktur – der:die Marketingleiter:in eines Unternehmens berichtete so beispielsweise an den:die internationale:n Marketingleiter.in als auch an den:die Landeschef:in. Dass das Arbeiten in einer Matrixstruktur völlig andere Führungsfähigkeiten als die einer klassischen hierarchisch funktionalen Struktur erforderte, machte sich damals kaum einer bewusst. Die Komplexität der klassischen Matrix erwies sich dann auch in der Praxis als kaum beherrschbar. Überforderte Führungskräfte, Mitarbeitende und Organisationen verabschiedeten sich daher wieder vom System der Matrix.
Die Matrix ist zurück
Heute ist die Matrix jedoch lebendiger als je zuvor. Neue Begrifflichkeiten wie „Networks“ oder „Projektteams“ als weiterentwickelte Form der balancierten Matrix stehen heute auf der Agenda vieler Unternehmen. Virtuelle, teils cross-funktionale und globale Projekte mit in Generation Y sozialisierten Mitarbeitende erfordern eine moderne, fluide Matrix-Organisation, die den aktuellen Anforderungen gerecht wird. Nach wie vor sind es zwei Faktoren, die die größte Herausforderung für alte und neue Matrix-Organisationen und darin agierende Führungskräfte darstellen: die Komplexität der Systeme und die formellen und informellen menschlichen Beziehungsstrukturen innerhalb dieser Systeme.
Herausforderungen der fluiden Matrix-Organisation
Wie kann aber das Zusammenarbeiten und vor allem Führung in Matrix-Organisationen nun gelingen? Dann, wenn die folgenden Punkte beachtet werden:
Gemeinsame Ziele schaffen
Konflikte, die durch unterschiedliche persönliche Ziele in Projektteams entstehen, sind schwierig einzudämmen, wenn sie erst einmal entstanden sind. Sie führen schlimmstenfalls zu Machtkämpfen und Verweigerungshaltung und können ein ganzes Projekt torpedieren. Wenn jedoch die Einigung auf für alle tragbare und nachvollziehbare Ziele gelingt, reduziert sich die Komplexität um ein Vielfaches und das Commitment für die Zusammenarbeit ist geschaffen.
Diffuse Zugehörigkeit in Projektfokus verwandeln
Wenn Teams samt Führungskräften sich stark an ihren unterschiedlichen Vorgesetzten, Über- und Unterstellungen, Locations und Berichtspflichten orientieren und weniger an der tatsächlich zu leistenden Arbeit, kommt es zu Konflikten bzgl. Prioritäten, Ressourcen und Loyalitäten. Hier gilt es den Fokus auf das Projekt auszurichten. Das ist oft nicht einfach, wenn es emotional „hoch her geht“.
Beziehungen aufbauen und aufrecht erhalten
Die neuen Matrix-Organisationen funktionieren vor allem über zwischenmenschliche Beziehungen. Besonders wichtig sind hierbei Menschen, die sich mit anderen Expert:innen, Kolleg:innen, Kund:innen global, hierarchieunabhängig und kooperativ austauschen. Sie sind in der Lage, ihren Teams und ihrem Unternehmen durch ihre Vernetztheit einen großen Dienst in Sachen Komplexitätsreduzierung und optimaler Zusammenarbeit zu erweisen. Sie organisieren Ressourcen, sammeln relevante Informationen, vermitteln und teilen Wissen, sie halten Teams und Projekte zusammen.
Network denken, Führung teilen
Geteilte Führung war zu Zeiten der alten Matrix-Organisationen noch unvorstellbar. In fluiden Formen der Arbeitsorganisation hingegen übernehmen auch Experten das Ruder, wenn ihre ganz bestimmte Expertise in der aktuellen Situation gefragt ist. Die Herausforderung liegt hier im Umdenken von Führung , wobei Verantwortlichkeiten immer wieder neu transparent und verbindlich definiert werden müssen.
Kulturelle Unterschiede nutzen
Virtualität und Globalisierung fordern insbesondere in Matrix-Organisationen ein Umdenken. Vorgesetzte und Teammitglieder aus unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichen Anforderungen an Führung erfordern ein ausgeprägtes Gespür für interkulturelle Aspekte und viel Wissen über den effektiven Einsatz von Diversity Teams.
Koexistenz von hierarchischer Führung und Network
Nach wie vor wird in Matrix-Organisationen auch hierarchisch geführt. Für alle Beteiligten gilt die Herausforderung, Hierarchie zuzulassen und zu leben, und gleichzeitig in fluiden Netzwerkstrukturen eigenverantwortlich nebeneinander zu arbeiten – eine Denkweise, die viel Ambiguitätstoleranz erfordert.