Agile Organisationen brauchen nicht weniger Führung, sondern mehr Führung. Aber eine andere.
Agile Organisationen reagieren direkter, schneller, besser. Aber dafür brauchen sie nicht weniger, sondern mehr Führung. Und das Wichtigste dabei: sie brauchen eine andere.
Was erreichen agile Organisationen?
Agile Organisationen haben etwas Faszinierendes: Vorgesetzte schränken nicht ein, in Entscheidungen fließen die Ideen und Perspektiven aller Mitarbeitenden ein. Dabei sind sie oft schneller und noch besser auf die Kundschaft ausgerichtet. Negative Führungseffekte fallen weg, Handlungsspielräume und Motivationen der Mitarbeiter:innen steigen.
Vorsicht: Man kann Führungskräfte abschaffen, aber nicht die Führung
Auch wenn viele Formen fachlicher Führung wegfallen, heißt es nicht, dass es gesund ist, wichtige Führungsfunktionen wegfallen zu lassen. Führung beinhaltet eine ganze Reihe wichtiger Funktionen, die für Erfolg und Wirtschaftlichkeit in Arbeitsgruppen unabdingbar sind. Das lässt sich deutlich im Haufe Quadranten veranschaulichen (siehe Grafik oben). Eine Organisation geht den Weg aus dem linken unteren Feld – dem vertrauten Führungssystem aus Weisung und Kontrolle – in den Quadranten oben rechts, einem System agiler Netzwerke. Befreit sich diese Organisation zu schnell von zentralen Steuerungsmerkmalen (rechter blauer Pfeil), und die Führungskräfte und Mitarbeiter:innen werden nicht ausreichend vorbereitet und unterstützt (linker blauer Pfeil), entsteht leicht eine Führungslücke (roter Pfeil). In dieser Führungslücke fühlen sich die Mitarbeitenden leicht überlastet.
Worauf ist Führung die Antwort?
Das vielleicht wichtigste Kernelement des Erfolges menschlicher sozialer Systeme ist die Arbeitsteilung. Jeder Mensch bringt das ein und kann das einbringen, was er am besten kann. Die Konzentration auf eine Fertigkeit führt zu Spitzenleistungen und wichtigen Beiträgen für die menschlichen Systeme. Spezialisierung ist dann ein unabdingbarer Teil des Erfolges. Das, was aber geteilt wurde, muss auch wieder zusammengefügt werden. Dann kommen die „Ks“ ins Spiel – Kommunikation, Kooperation, Kollaboration und Koordination. Wie wird alles wieder zusammengefügt, damit am Ende der größte Nutzen für die Kundschaft entsteht?
Prinzipien der Selbstorganisation
Wie auch immer diese Funktionen genannt werden, auch in agilen Systemen verschwinden diese Führungs- oder Koordinationsfunktionen nicht. Sie werden nur anders verteilt. Ein wesentlicher Bestandteil der systemtheoretischen Grundlagen von Selbstorganisation ist die Redundanz. Sie besagt im Kern, dass Funktionen, die vorher in einem Element vereinigt waren (hier die Führungskraft) in einem selbstorganisierenden System auf alle Elemente eines Systems übertragen werden. Führungsfunktionen gehen dann von einer Funktion, von einer Person auf mehrere Personen über (siehe Grafik oben). An diesem Punkt kommt die Systemtheorie an eine Grenze, weil sie zunächst einmal die Elemente des Systems als gleiche Elemente wahrnimmt. Das ist aber nicht der Fall, wie wir wissen. Jeder Mensch ist anders, hat verschiedene Prägungen, Stärken, Schwächen und Motivationen. Oder wie die Kölner sagen: „Jede Jeck es anders“.
Eine Frage der Statistik und Wahrscheinlichkeit
Vorsicht bei der zu schnellen Abschaffung von Führungsebenen. In der Regel kommt es zu zwei extremen Auswirkungen. Es wird Gruppen und Subsysteme geben, die auf einmal einen Sprung in der Zufriedenheit und der Leistung haben, weil störende, negative Führungseffekte wegfallen. Am anderen Ende der Skala jedoch wird es aus reiner Wahrscheinlichkeit heraus Gruppen geben, deren Mitgliedern Koordinationsfähigkeiten und Motivation fehlen. Oder – was noch schlimmer sein kann – die entstandenen Machtlücken werden von Teammitgliedern übernommen, die machtorientiert und -bewusst sind, aber dem Team durch ihre Art zu kommunizieren schaden (Intrigen, Mobbing, verbale Verletzungen etc.). Wie stark diese Effekte sind, hängt natürlich auch davon ab, wie gut der Reifegrad der Mitarbeitenden ist, und wie gut sie auf die neuen Organisationssysteme vorbereitet wurden. Vorsicht bei der Abschaffung von Führungskräften! Wir können zwar bestimmte Arten einschränkender Führung, später vielleicht sogar Führungskräfte, aber nicht die Führung selbst abschaffen. Und ja, wir schaffen bestimmte einschränkende Formen fachlicher Führung ab, da Mitarbeiter:innen nicht einbezogen und mitgenommen wurden.
Führung in agilen Systemen ist aber nicht Laissez faire Das heiß aber nicht, dass wir als Führungskräfte in agilen Systemen weniger führen müssten. Ja, wir führen weniger fachlich, sitzen weniger in Meetings, delegieren und korrigieren viel weniger. Dafür brauchen wir gerade zu Beginn nicht weniger, sondern mehr Führung. Die operativen, lenkenden, entscheidenden und fachlichen Führungsfunktionen werden ganz oder teilweise an die Mitarbeitenden übertragen. Aber die rahmengebenden und fördernden Kommunikations- und Entscheidungsprozesse nehmen erheblich zu. Führungskräfte müssen den dafür notwendigen Rahmen schaffen und pflegen. Sie müssen die Mitarbeitenden immer wieder neu befähigen und eingreifen, wenn das agile System von außen bedroht wird.
Wir sehen als Competence Center Leadership die Aufgabe darin, Unternehmen dabei zu helfen, die richtigen Teilschritte, in der richtigen Reihenfolge an den richtigen Punkten zu setzen.
Mehr Informationen und Services rund um das Thema Personalentwicklung bei der Haufe AkademieKostenloses Whitepaper:Agile Organisationen brauchen nicht weniger Führung, sondern mehr Führung. Aber eine andere.
Zum kostenlosen Whitepaper
Erfahren Sie noch genauer, vor welchen Herausforderungen die Führung in agilen Unternehmen steht, und welche Schritte Sie gehen müssen, damit eine Führungslücke gar nicht entsteht.