Online – und Social-Media-Marketing 2020

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Warum Online- und Social-Media-Marketing in diesen Zeiten so wichtig sind

Die Corona Krise hat uns vor Augen geführt, wie gut es um unser Gesundheitswesen, aber auch wie schlecht es um die Digitalisierung in diesem Land bestellt ist. Wie stark und konsequent man wiederum sein Marketing und seinen Vertrieb digitalisiert hat, ist in den letzten Monaten in vielen Branchen zur Überlebensfrage geworden. Nicht wenige, die geglaubt hatten, sie hätten es nicht oder noch nicht nötig, sich näher mit Online- und Social Media zu beschäftigen, werden durch Corona praktisch im Zeitraffer vom Markt „ausgemendelt“. Eine bittere Konsequenz, für die ein Virus quasi als Katalysator gewirkt hat.

Obwohl Online-Marketing seit nunmehr gut 20 Jahren und Social-Media seit mehr als 10 Jahren zum Werkzeugkasten der Marketingkommunikation gehört, tun sich viele Unternehmen mit der konsequenten Entwicklung einer für sie passenden Onlinestrategie immer noch schwer. Hierfür gibt es viele Gründe, von denen die wichtigsten der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern, die hohe Dynamik und Komplexität des Themas und vor allem die unzureichende organische Einbindung in das übergreifende Marketingkonzept von Marke oder Unternehmen sind.

Stichwort „Mangel an qualifizierten Mitarbeitern“

Während es in Deutschland rund 190 Lehrstühle für Genderforschung gibt, kann man gerade einmal an 42 Hochschulen in diesem Land spezifisch „Onlinemarketing“ studieren. Auch in qualifizierten Weiterbildungen, wie dem/der Fachkaufmann/-kauffrau für Marketing, hat die digitale Revolution noch keinen Platz gefunden. Der Arbeitsmarkt ist deshalb immer noch geprägt von Autodidakt:innen oder von Mitarbeitenden, die man aufgrund der Tatsache, dass sie zu den „Digital Natives“ gehören, völlig unvorbereitet mit diesem „Onlinegedöns“ betraut hat, weil der:die Marketingleiter:in nach 25 Jahren im Unternehmen keine Lust hatte, sich in eine so neue, so vielfältige und so kleinteilige Materie einzuarbeiten. Außerdem bekommt man in den meisten Organisationen für die grandiose Gestaltung eines Messestandes oder einer Anzeigenkampagne viel eher einen Orden vonseiten der Geschäftsführung verliehen als für eine technisch anspruchsvolle integrierte Webkampagne, mit der man 25 qualifizierte Leads gewinnen konnte. Deshalb beherrschen die Marketingstrategen meist kein Online – und die „Onliner“ sind zu spezialisiert, um den strategischen Teil ihrer Aufgabe sinnvoll wahrzunehmen. Diese Trennung, die in vielen Unternehmen exakt so gelebt wird, hat oft fatale Auswirkungen auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Die Lösung hierfür sind neben agilen Strukturen vor allem Fleiß und Offenheit in Sachen Weiterbildung: Online-Nerds brauchen dringend mehr Überblick über den Gesamtkontext des Marketings, und erfahrende Marketingstrategen müssen einfach so viel Online- und Social-Media-Wissen erwerben, dass sie die Vorschläge der Mitarbeitenden und der Onlineagenturen fachlich sicher beurteilen können. Kurzum: Weiterbildung tut not!

Stichwort „Komplexität“

Das moderne Marketing entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA, und von dort kommen auch die meisten bahnbrechenden Theorien. Trotzdem blieb die Marketingtheorie mit Ausnahme von einzelnen kurzlebigen modischen Strömungen immer ein stabiles Gebilde, das sich langsam, aber stetig weiterentwickelte. So stammen die wichtigsten wissenschaftlichen Marketingbücher fast alle aus dem letzten Jahrhundert, und erfahrene Manager:innen glauben leider zu Unrecht, dass sie noch höchstselbst alle Instrumente des Marketings verstehen und sicher anwenden können. Tatsache ist aber, dass sich durch die digitale Revolution die Möglichkeiten vor allem in der Marketingkommunikation vervielfacht haben.

So sind Manager immer wieder überrascht, dass:

  • die 10 größten Internetagenturen in Deutschland mehrere Tausend Mitarbeitenden beschäftigen und über 700 Millionen Euro Umsatz machen
  • die Onlinewerbung das Fernsehen als größten Werbeträger abgelöst hat
  • die Auflage der Tageszeitungen seit der Jahrtausendwende um 40 % abgenommen hat
  • zwar ¾ aller über 50-jährigen Bundesbürger:innen eine Zeitung lesen, aber nur ¼ der Menschen unter 30
  • U30 heute 250 Minuten am Tag im Web verbringt, davon ¾ der Zeit mit mobilen Endgeräten
  • es über 100 gängige Formate der Onlinewerbung gibt

Überrascht? Dann geht es Ihnen wie vielen Menschen vor allem auf der Entscheiderebene: Die Revolution ist bereits in vollem Gange, die Barrikaden brennen, die Beute wird bereits verteilt – und wir glauben, dass die Revolution gerade erst begonnen hat.

Bei aller Begeisterung sollten wir uns aber auch darüber im Klaren sein, dass Deutschland mitnichten „online ist“: So sind 50 % der Bankkunden immer noch nicht willens oder (was wahrscheinlicher ist) in der Lage, Onlinebanking zu betreiben, und nur ein Bruchteil der Lehrkräfte war in der Coronakrise befähigt, brauchbaren digitalen Unterricht durchzuführen, obwohl die Tools von allen großen weltweiten Anbietern kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.

Es gilt also, in der Marketingarbeit die richtige Balance zwischen Onlinebegeisterung und bewährten klassischen Tools zu finden. Deshalb sollten wir uns auch nicht von der überwältigenden Anzahl an Onlinekanälen und ihren Möglichkeiten, den auf den ersten Blick so erfolgreichen Beispielen von Internetkampagnen (vorzugsweise aus den USA) oder den Prognosen von Zukunftsforschern blenden lassen, die heute schon das Totenglöcklein für die Zeitschriften und die Fachmessen läuten in der Annahme, dass zukünftig alles nur noch digital stattfinden wird. Bewahren Sie sich bei der Entwicklung Ihrer Onlinestrategie vielmehr immer einen kritischen Blick, bilden Sie sich immer eine eigene Meinung und treffen Sie immer auf Wissen und Überzeugung gegründete Entscheidungen. Hierzu gilt es die Chancen, die uns eine stärkere Digitalisierung unseres Marketings bietet, immer mit den Möglichkeiten des Marktes und den Denkweisen und den Glaubenssätzen der Entscheider in unserem Unternehmen abzugleichen. Kurzum: Machen Sie sich schlau!

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Über den:die Autor:in

Fred Geiger

ist Dozent an verschiedenen Hochschulen und selbstständiger Berater und Trainer mit Schwerpunkt Marketing und Vertrieb. Er verfügt über langjährige Praxiserfahrung in leitenden Funktionen bei marktführenden Markenartikel- und Dienstleistungsunternehmen.

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