Barrierefreie Kommunikation: Grundlagen und Vorteile von Inklusion

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Barrierefreie Kommunikation stellt sicher, dass alle Mitarbeiter:innen, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen, gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Kommunikationskanälen haben. Um die Potenziale von Barrierefreiheit nutzbar zu machen, sind für Mitarbeiter:innen wie Nutzer:innen barrierefreie Zugänge auf unterschiedlichen Ebenen relevant – ob physisch zu einem Raum oder digital zu einer Webseite oder Software. Es geht darum Zugänge zu schaffen, die anderen verwehrt bleiben. Kann ein Mensch, der einen Rollstuhl benutzt oder sehbeeinträchtigt ist, in Erfahrung bringen, wie er oder sie das Firmengebäude betreten kann? Sind Hinweise auf der Webseite leicht auffindbar? Ist diese barrierefrei gestaltet, sodass alle wesentlichen Elemente leicht angesteuert werden können?

Bedeutung der Barrierefreiheit in der Kommunikation

Die meisten Menschen stoßen im Laufe ihres Lebens auf Barrieren, sei es ein gebrochener Fuß oder eine schwer lesbares Dokument. Solche Hindernisse verdeutlichen, wie wichtig es ist, Barrieren abzubauen und eine inklusivere Umgebung zu schaffen. Digitale Kommunikationsbarrieren sind dabei ein zentrales Thema. Wie die Ergebnisse des Diversity Equity and Inclusion Reports zeigen, erkennt eine steigende Anzahl an Unternehmen, dass eine diverse Belegschaft gewinnbringend ist, doch der Diversitätsgrad in Unternehmen variieren stark . Zudem kommt Druck von Seiten der Regierung mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV). Die Verordnung definiert Anforderungen von Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28.06.2025 für Verbraucher:innen erbracht werden. Dies umfasst u. a. den gesamten Online-Handel, Hardware, Software, aber auch überregionalen Personenverkehr oder Bankdienstleistungen.

Was ist Barrierefreie Kommunikation? Definition und Relevanz in der Gesellschaft

Barrierefreie Kommunikation bezeichnet den Ansatz, Informationen und Kommunikation so zu gestalten, dass sie für alle Menschen zugänglich und verständlich sind, unabhängig von individuellen Einschränkungen wie Seh-, Hör- oder Sprachbeeinträchtigungen. Neben Zugänglichkeit sind vor allem Einfachheit und Benutzerorientierung die maßgeblichen Kriterien barrierefreier Kommunikation. Für Menschen mit Sinneseinschränkungen ist barrierefreie Kommunikation unverzichtbar, denn Beeinträchtigungen stellen spezielle Anforderungen an die Gestaltung von Kommunikationsmedien. Um Information breiter zugänglich zu machen, eignet sich die Aufbereitung in Einfacher oder Leichter Sprache. Gerade im Mündlichen ist die Einfache Sprache je nach Fall eine gute Ergänzung und kann die Teilhabe für verschiedene Personen erhöhen. Manchmal ist nur eine Anpassung oder Ergänzung notwendig, doch manche Themen müssen eventuell grundlegend anders aufbereitet werden, um sie verständlich zu machen.

Um zu prüfen, ob Barrierefreiheit gewährleistet ist, kann man das Zwei-Sinne-Prinzip anwenden. Nach diesem Prinzip müssen mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ angesprochen werden. Informationen werden also so angeboten, dass sie über zwei unterschiedliche Sinne wahrgenommen werden können. Kann jemand ein Bild aufgrund einer Seheinschränkung nicht deutlich erkennen, muss die Person die Möglichkeit bekommen, zu hören oder zu ertasten, was auf dem Bild für andere zu sehen ist. Dies kann zum Beispiel über eine hinzugefügte Audiodeskription erfolgen, in der erläutert wird, was auf dem Bild zu sehen ist. Dies gilt gleichermaßen für den digitalen und analogen Raum: Räume und Webseiten sind barrierefrei zu gestalten.

Vorteile von Barrierefreier Kommunikation

Barrierefreie Kommunikation bietet zahlreiche Vorteile, die sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen zugutekommen.

  1. Erhöhte Zugänglichkeit: Informationen sind für alle Menschen zugänglich, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen. Alle haben dieselben Informationen und Möglichkeiten, auf diese zuzugreifen.
  2. Stärkung von Inklusion und Teilhabe: Die soziale Inklusion wird gefördert. Menschen mit Behinderungen können gleichberechtigt an gesellschaftlichen und beruflichen Aktivitäten teilnehmen. Das wirkt sich positiv auf die Unternehmenskultur aus.
  3. Förderung der Innovation: Barrierefreie Kommunikationslösungen erfordern kreative und innovative Ansätze. Dies kann zu neuen Technologien und Methoden führen, die nicht nur Menschen mit Behinderungen zugutekommen, sondern auch allgemein die Effizienz und Effektivität von Kommunikation verbessern.
  4. Erweiterung der Zielgruppen: Nicht nur der Kunden- und Nutzerkreis erhöht sich durch barrierefreie Kommunikation. Vor allem das Recruiting hebt so ungenutzte Potenziale: Mit inklusiver Sprache und barrierefreien Zugängen gewinnen Unternehmen neue Mitarbeiter:innen. In Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel ist dieser Schritt unerlässlich.
  5. Verbesserte Benutzerfreundlichkeit: Von klaren, gut strukturierten Webseiten profitieren Nutzer:innen mit und ohne Einschränkungen gleichermaßen. Kontrastanpassungen und andere barrierefreie Anpassungsmöglichkeiten verbessern die Customer Experience im Allgemeinen.

Welche Prinzipien umfasst Barrierefreie Kommunikation?

Im Bereich des digitalen Raums, bilden die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) den weltweiten Standard für barrierefreies Internet. Basis der Richtlinien sind folgende vier Prinzipien:

Die 4 Prinzipien der Barrierefreiheit²

1. Wahrnehmbar
Informationen und Bestandteile der Benutzerschnittstelle (Website, Dashboard, etc.) müssen so präsentiert werden, dass sie wahrgenommen werden können.

2. Bedienbar
Bestandteile der Schnittstelle und Navigation müssen für alle Menschenbedienbar sein.

3. Verständlich
Informationen und Bedienung müssen verständlich sein.

4. Robust
Inhalte müssen zuverlässig und konstant von einer großen Auswahl an sich entwickelnden Anwendungen und Assistenztechnologien verarbeitet werden können.

Diese vier Prinzipien zielen darauf ab, dass alle Personen gleichermaßen Zugang zu Inhalten und Informationen haben. Die gewünschten Informationen werden Nutzer:innen so auf eine klare und leicht verständliche Weise vermittelt.

Umsetzung von Barrierefreier Kommunikation in Unternehmen

Ein Beispiel für eine alltägliche Anwendung barrierefreier Kommunikation ist das Angebot der Tagesschau in Einfacher Sprache. Bei reinen Webanwendungen, die in Webbrowsern dargestellt werden, ergeben sich folgende Möglichkeiten:

Richtig eingesetzt, bietet bereits der grundlegende HTML-Code viele Potenziale, um die eigene Webseite für alle Nutzer:innen zugänglich zu machen. HTML hält für jede Art von Information das passende Auszeichnungselement bereit, wie etwa <img> für ein Bild oder <h1> bis <h6> für entsprechende Überschriften. Wer diese Möglichkeiten nutzt, strukturiert seine Inhalte optimal und bietet Nutzer:innen die nötige Orientierung. Auch die Verwendung von ALT-Texten ist relevant, um sehbeeinträchtigten oder blinden Nutzer:innen zu beschreiben, was auf einem Bild dargestellt ist. Das spielt vor allem auch in sozialen Medien eine wichtige Rolle: Instagram, Facebook und LinkedIn bieten die Möglichkeit, ALT-Texte zu verwenden.

Einen entscheidenden Unterschied macht die Verwendung von Screen Readern, die Nutzer:innen Webseiteninhalte vermitteln und interaktive Elemente nutzbar machen.

Weitere Funktionen, die zum Basisrepertoire gehören sollten:

  • Verständliche und beschreibende Navigationstabs, die für den Screen Reader klar erkennbar sind und Informationen verständlich machen.
  • Fokus auf eine intuitive Nutzung der Tastatur, um sich leicht zwischen den Elementen zu bewegen – durch Gesten oder die Nutzung eines Screen Readers.
  • Passende Farbkontraste, die den Unterschied zwischen dem Text und Gestaltungselementen leichter erkennbar machen.
  • Klare Titel, die den Inhalt der Webseite widerspiegeln.
  • Wechselmöglichkeit in andere Sprachen.
  • Vergrößerung kleiner Texte.
  • Regelmäßige Aktualisierungen, die für einen zuverlässigen Zugang zu Inhalten sorgen, die den aktuellen Anforderungen von Assistenztechnologien entsprechen.

Eine Anleitung, wie die eigenen Inhalte durch inklusive Sprache bestechen, gibt es beim Projekt „Leidmedien.de“. Statt zu sagen, „jemand sei an den Rollstuhl gefesselt“, kann man wertneutral formulieren, dass jemand den Rollstuhl benutzt oder auf diesen angewiesen ist. Barrierefreiheit endet aber nicht im Footer der eigenen Homepage oder an der Tür des Unternehmens, sondern sollte auch in Serviceketten mitgedacht werden, wie etwa bei der Anschluss-Kommunikation bei Online-Events oder Printartikeln.

Checkliste: Barrierefreie Dokumente

Printprodukte PDF
  1. Ausreichender Kontrast?
  2. Schrift gut lesbar?
  3. Inhalte klar strukturiert und übersichtlich?
  4. Sprache gut verständlich? (Fremdwörter?)
  5. Folder maximal einfach gefalzt?
  6. Papier nicht reflektierend oder durchsichtig?
  7. Zusätzliche Flyer in Brailleschrift?
  8. Großdruckversion und in Leichter Sprache?
  9. Wurde nicht nur Farbe zur Hervorhebung von besonderen Informationen verwendet?
  1. Check: Wird die PDF wirklich benötigt? Gibt es Alternativen?
  2. Erstellung in Word: Vorgegebene Struktur-Hilfen genutzt?
  3. Wurden Tabellen für das Layout vermieden?
  4. Alternativtexte hinzugefügt?
  5. Beim Export nicht unnötig komprimiert?
  6. Getestet? z. B. mit PAC PDF Accessibility Checker.

 


¹ DDI, 2023, „Global Leadership Forecast 2023: Diversity, Equity, and Inclusion Report”. https://www.ddiworld.com/glf/diversity-equity-inclusion-report-2023#.

² W3C, 2018, „Web Content Accessibility Guidelines“. https://www.w3.org/WAI/WCAG21/Understanding/intro#understanding-the-four-principles-of-accessibility.

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Über den:die Autor:in

Krishna-Sara Helmle

Trainerin für einfache Sprache und für diskriminierungssensible Sprache, Expertin für barrierefreie Kommunikation.

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