Feuchte Hände, zittrige Knie, rasender Puls, zugeschnürte Kehle: Experten zufolge kennen 80 bis 97 Prozent aller Menschen das Lampenfieber aus eigener Erfahrung. Das flaue Gefühl in der Magengegend entsteht meist vor wichtigen Terminen und kritischen Gesprächen, bei denen wir im Mittelpunkt stehen.
Vor Vorstellungsgesprächen, Gehaltsverhandlungen, Feedbackgesprächen, Präsentationen oder Reden steigt bei den meisten Menschen die Nervosität spürbar an. Dabei kann Lampenfieber in geringem Maß sogar einen Nutzen für den Betroffenen bringen: Durch die leichte Anspannung steigt die Konzentration, zusätzliche Kraftreserven werden mobilisiert, damit wir unsere Leistung voll abrufen können.
Kritisch wird es jedoch, wenn durch die Angst das Stresshormon Adrenalin überhandnimmt und wir ein Stück weit die Kontrolle über den eigenen Körper und das Empfinden verlieren. Nervöses Hin- und Herzappeln, wippende Knie und herumspielende Finger zeigen deutlich, dass wir am liebsten weglaufen würden. Denn darin liegt die ursprüngliche Funktion des Lampenfiebers: Der Körper bereitet sich durch die Muskelanspannung und den erhöhten Puls auf eine mögliche Flucht oder einen Kampf vor.
Der Auslöser hierfür ist heute allerdings nicht mehr eine reale Bedrohung wie ein wildes Raubtier oder ein angreifender Konkurrent. Die Vorstellung, gleich vor Publikum sprechen zu müssen, genügt für viele Menschen schon, um die innere Abwehr in Gang zu setzen. Psycholog:innen sehen im Lampenfieber eine besondere Form der Leistungs- und Prüfungsangst, die auf der menschlichen Urangst beruht, von anderen negativ bewertet und ausgeschlossen zu werden. Schließlich sind wir soziale Wesen und brauchen das Gefühl, von unseren Mitmenschen akzeptiert zu werden.
Lampenfieber: Entstehung und Erklärung des Begriffs
Der Begriff „Lampenfieber“ kommt vom französischen Ausdruck „fièvre de rampe“, was in etwa „Rampenfieber“ bedeutet. Im Theaterjargon wird dieser Begriff seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Synonym für die Auftrittsangst von Schauspieler:innen, Sänger:innen und Musiker:innen benutzt. Man geht davon aus, dass die Gaslampen am Bühnenrand, welche zu dieser Zeit die Theaterbühnen erleuchteten, zu Schweißausbrüchen bei den Darstellern führten. Eine körperliche Reaktion, die viele Menschen kennen, die einen wichtigen Vortrag oder eine Präsentation halten müssen – selbst wenn nirgendwo eine Gaslampe brennt. Stress-Symptome treten vor allem in diesen vier Momenten auf:
- Wenn Sie von dem bevorstehenden Termin erfahren:
Lange vor der eigentlichen Präsentation bekommen manche Menschen bereits großes Lampenfieber. Es genügt schon der Gedanke daran, vor mehr oder weniger kritischen Zuhörern sprechen zu müssen, um ein mulmiges Gefühl zu bekommen. Um die unangenehme Situation zu vermeiden, geben einige Berufstätige ihren Redeauftrag dann sogar an Kolleg:innen ab. Schade – dieses Verhalten ist der Karriere auf Dauer oft nicht zuträglich! - Kurz vor dem kritischen Termin:
Wenige Minuten bevor es losgeht, steigt bei Lampenfiebergeplagten der Stresspegel deutlich an. Sie sind dann sehr mit sich selbst beschäftigt, die Gedanken kreisen nur noch um den bevorstehenden Auftritt und die möglichen Ablaufszenarien. - Während der ersten Sekunden im Rampenlicht:
Wir alle wissen, dass es keine zweite Chance für den ersten Eindruck gibt. Deshalb sind die ersten Sekunden auf der Bühne für die meisten Vortragenden am unangenehmsten. - Während der Präsentation:
Wenn Zuschauer:innen husten oder tuscheln, kann dies den Redner aus dem Konzept bringen. Aber auch Texthänger, streikende Technik oder unangenehme Zwischenfragen können den Stresspegel enorm ansteigen lassen.
Der richtige Umgang mit Lampenfieber – erste Schritte
Leider gibt es kein Patentrezept gegen Rede- oder Prüfungsangst. Betroffene sollten in einem ersten Ansatz versuchen, das Lampenfieber anzunehmen: Machen Sie sich klar, dass dieses unangenehme Gefühl ausschließlich in anspruchsvollen Situationen auftritt. Hier geht es um etwas! Sei es nun ein spannender Job, den Sie unbedingt wollen oder eine wichtige Präsentation. Versuchen Sie Zittern, schweißnasse Hände und hektische Flecken als eine natürliche Reaktion Ihres Körpers auf diese Prüfungssituation zu begreifen und diese körperlichen Veränderungen nicht krampfhaft zu unterdrücken.
Versuchen Sie Negativformulierungen wie „jetzt bloß nicht zittern“ zu vermeiden. Solche Sätze wirken eher in die umgekehrte Richtung, da das Gehirn sich erst den „positiven“ Zustand (zittern) vorstellen muss, um ihn dann verneinen zu können.
Manchmal sind es auch schlechte Erfahrungen, die die Angst vor einer Blamage verstärken. Diese peinlichen Erlebnisse sind dann im Gegensatz zu früheren, vielleicht auch guten, Erfahrungen viel präsenter. Dies hat einen biologischen Grund: Unser Gehirn speichert positive Erfahrungen schlechter ab als negative. Hier gilt es nachzuhelfen, indem man zuerst versucht, eine Situation zu finden, die gut gelaufen ist. Anschließend kann man auf diese fokussieren, reflektieren, auf welche vorhandenen Ressourcen man dabei zurückgreifen konnte und sich das positive Erlebnis so stark vergegenwärtigen, dass es körperlich spürbar wird. Dann koppelt man dieses Gefühl mit der Vorstellung an einen zukünftigen Auftritt.