Was passiert, wenn Teammeetings vermehrt online stattfinden? Sie werden zum Dreh- und Angelpunkt der Zusammenarbeit. Und der Teamkultur. Online Meetings bieten Chancen, aber auch einige Risiken. Erfahren Sie hier, warum eine einfache Meeting-Agenda bei weitem nicht ausreicht, um gut remote zusammenzuarbeiten. Das volle Potenzial weckt man auf kreativeren Wegen…
Die Arbeitskultur gemeinsam neu erfinden
Die Frage, wie sich Arbeit remote strukturieren lässt – ob dies durch die aktuelle Corona-Situation veranlasst ist oder schon zuvor in der Unternehmenskultur verankert war – beschäftigt Teams gerade branchenübergreifend. Fast täglich erscheinen neue Hinweise und Vorschläge zu ergebnisorientiertem digitalen Arbeiten. Teams begeben sich beim Umstieg auf remote-Arbeit sie in eine dynamische Testphase, die von ständiger Iteration und Anpassung geprägt ist und erfinden ihre Arbeitskultur neu.
Das kann Teams näher zusammenbringen, da sie sich gemeinsam eine Zusammenarbeit aneignen, die für sie funktioniert. Der Prozess dahin ist allerdings oft müßig und von Frustration geprägt: wenn die Technik nicht so funktioniert, wie man sich das vorstellt oder der Kollege immer zu lange braucht, um das Programm zu öffnen, kippt die Zusammenarbeit schnell von einem positiven gemeinschaftlichen Prozess zu einem anstrengenden und zähen Unterfangen.
Diversity Parameter wie beispielsweise Alter, Familienstatus, sozio-ökonomische Lebensrealität oder Persönlichkeitstyp spielen hier eine große Rolle. Während bereits am physischen Arbeitsplatz unterschiedliche Voraussetzungen der Mitarbeitenden Arbeitsweise, Teamrollen und Leistungsfähigkeit beeinflussen, wird dies im remote working unter Covid-19 verstärkt.
Gegenseitiges Verständnis und Wohlwollen befähigen
Während im Büro zumindest während der regulären Arbeitszeit alle mehr oder weniger die gleichen räumlichen Voraussetzungen und Arbeitsumstände vorfinden, hat im home office die eine Mitarbeiterin nicht die räumlichen Möglichkeiten, eine Tür hinter sich zu schließen um ungestört vor ihrer WG oder Familie einer Besprechung beizuwohnen und ein anderer Mitarbeiter organisatorische Schwierigkeiten seine Kinder von seiner Nicht-verfügbarkeit während der virtuellen Teampräsentation zu überzeugen. Damit trotzdem alle in virtuellen Formaten miteinander arbeiten können, braucht es neben einem hohen Maß an Rücksichtnahme auch ein gemeinsames Verständnis darüber, was geht und was nicht.
Sich psychologisch sicher fühlen in der Arbeit – auch hinter dem Bildschirm
Es lohnt sich, in das gegenseitige Verständnis unter den Teammitgliedern zu investieren und ein Klima zu etablieren, das von gegenseitigem Vertrauen und Wohlwollen geprägt ist, denn nur wenn diese Basis stimmt, können Individuen über die Grenzen der Bildschirme hinweg als Team agieren. Manager:innen sind gefragt gezielte Übungen und ihre Führungsrolle zu nutzen, um Mitarbeitende dazu zu befähigen, sich ineinander einzufühlen und lösungsorientiert zu diskutieren.
Studien zeigen, dass hierfür das Konzept der psychological safety unverzichtbar ist. Damit ist gemeint, dass sich eine Person im Team das Gefühl hat, eigene Ideen kundzutun und inhaltlich mitzuwirken -aber auch offen über die Zusammenarbeit und das Zwischenmenschliche zu sprechen, ohne dabei soziale Sanktionen oder anderwärtige Einschränkungen fürchten zu müssen.
Eine gesunde Feedback-kultur ist gerade zu diesen Zeiten unverzichtbar, Unzufriedenheit gegenüber Kolleg:innen und Mitarbeitenden sind auf Basis der unterschiedlichen Arbeitsumstände, unter denen derzeit agiert wird, vollkommen normal und natürlich. Die Voraussetzung dafür, psychological safety, allerdings entwickelt sich nicht automatisch – sie bedarf einem pro-aktiven Engagement Seitens der Führung mitsamt einer Strategie das Vertrauensverhältnis im Kernteam voranzutreiben.
Das Wie: Mit kleinen Übungen Grenzen zwischen privater und geschäftlicher Sphäre ziehen
Formelle und informelle Begegnungen virtuell gestalten
Es gibt einige Übungen, die sich als fester Bestandteil in jegliche Arbeitssessions einbauen lassen, um Empathie zu vergrößern und somit Unverständnis gegenüber Verhaltensweisen einzelner Teammitglieder vorzubeugen. Obgleich viele dieser Übungen auch offline nützlich sind, werden sie im virtuellen Raum unverzichtbar.
- 10 bis 15 minütige Check-Ins und Check-Outs am Anfang und Ende jeder Sitzung helfen den Mitarbeitenden beispielsweise, einen Übergang von der privaten in die geschäftliche Sphäre (und andersrum) zu vollziehen, obgleich sie in den eigenen vier Wänden sitzen. Wie Teams sich für einen Check-in oder Check-out organisieren möchten, ist individuell. So können sie das Zeitfenster nutzen, um über Ängste und Hoffnungen zu sprechen, sich darüber auszutauschen, wie sie derzeit persönlich von der Situation betroffen sind oder Einschränkungen im heutigen Zusammentreffen zu thematisieren, wie etwa logistische Fragen bezüglich den Kindern. Wichtig ist, dass eine Person, gerne rotierend, moderiert und das Zeitfenster von 15 Minuten vorher gerecht aufteilt und somit sicherstellt, dass alle zum Zuge kommen.
- Darüber hinaus gibt es viele Aufwärm-Übungen, die sich online durchführen lassen und neben der körperlichen Aktivierung und gesteigerten Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe auch den persönlichen Austausch anregen. Wenn jede Person zu Beginn des virtuellen Workshops in zwei Minuten per Webcam das eigene Zimmer vorstellt, haben alle direkt einen besseren Zugang zueinander und können auch im späteren Verlauf der Zusammenarbeit die Arbeitsweisen besser einordnen. Wem das zu persönlich ist, kann die Mitarbeitenden dazu animieren ein beliebiges Objekt in die Webcam zu halten und dessen persönliche Bedeutung zu erläutern.
- Unterstützende Strukturen lassen sich allerdings auch jenseits moderierter Warm-Up Übungen geschickt legen. Indem Manager*innen darauf achten, virtuellen Ersatz für den Kaffeeplausch zwischendurch zu kreieren, können sie informellen Austausch begünstigen und sich selbst als zugänglich positionieren. Es lohnt sich, zum Beispiel, den virtuellen Raum bereits zehn Minuten vor Meeting-Beginn zu öffnen und die Mitarbeitenden dazu zu ermutigen, sich mit einem Kaffee zu Ihnen zu gesellen – vor dem Laptop.
Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, solange die Übungen zweckdienlich sind – das heißt dazu führen, sich mit den persönlichen Umständen der anderen vertraut zu machen, die wie selten zuvor den Rahmen für unsere Arbeit setzen. Führungskräfte sollten in jedem Fall den Anfang machen, denn wenn sie offen über ihre Schwierigkeiten sprechen und die Zusammenarbeit reflektieren, setzten sie ein positives Beispiel für die Mitarbeitenden.
Beginnen Sie zum Beispiel das nächste Montag-Morgen Meeting damit, einmal rundum (1m pro Person) zu erzählen, was das aufregendste/verrückteste/spannendste war, das Sie dieses Wochenende erlebt haben. Ihre Mitarbeitenden werden sie überraschen, in Corona-Zeiten machen Menschen ziemlich seltsame Erfahrungen.
Klare Planung, konsequente Durchführung
- Egal, ob Führungskräfte Check-Ins einführen oder zum virtuellen Kaffee einladen – das wichtigste ist die frühzeitige Kommunikation der zeitlichen Abfolge der Zusammenkünfte. Das gilt sowohl für eine kleine Besprechung zwischendurch als auch für einen mehrtägigen Workshop. Da die meisten Mitarbeitenden zu diesen Zeiten nicht „nur“ die verschiedenen Verantwortlichkeiten ihrer Erwerbsarbeit jonglieren müssen, sondern zeitgleich häuslichen Tätigkeiten verpflichtet sind ist die Planbarkeit absolut essentiell für eine gleichberechtigte Teilhabe.
- Während Meetings lohnt es sich, eine „Pausenbeauftragte“ und einen „Time Keeper“ zu bestimmen, der oder die rigoros die Agenda und Zeit im Blick hat und somit sicherstellt, dass die Mittagspause sich nicht plötzlich von 12.00 nach 12.30 Uhr verschiebt und somit die Hälfte des Teams ein logistisches Problem mit den Kindern bekommt. Manager*innen sind auch gut darin beraten, sich im Vorhinein Feedback von ihren Mitarbeitenden einzuholen, um somit auf deren andere Verpflichtungen Rücksicht nehmen zu können.
Falls doch mal eine Person aus dem Meeting verschwinden muss, und das lässt sich nicht vermeiden, empfiehlt es sich, eine Person im Team dazu zu bestimmen, im Chat die wichtigsten Punkte festzuhalten. So kann sich die Person, die kurz anderweitig beschäftigt war, bei ihrer Rückkehr einlesen und wieder auf den neusten Stand bringen, ohne den Rest der Gruppe aufzuhalten. - Regeln festlegen – und sich daran halten: Ein Live Protokoll im Chat zu verfassen ist nicht anspruchsvoll, dennoch braucht es dafür eine klar kommunizierte Rollenaufteilung. Diese ist für virtuelle Zusammenkünfte enorm wichtig und sollte zu Beginn festgehalten werden. Die Rolle des*der Manager*in ist es, dafür Sorge zu tragen, dass sich das Team auf Regeln einigt und auch darüber nachdenkt, wie sichergestellt werden kann, dass diese umgesetzt werden.
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Auch introvertierte Mitarbeiter zu Wort kommen lassen
Im Gegensatz zum physischen Austausch findet im virtuellen Raum die Kommunikation vor allem verbal statt, Mimik und Gestik sind schwer bis gar nicht einschätzbar. Ein kleines Kopfnicken oder ein energischer Blick Seitens einer Person, die gerne etwas sagen würde, kann somit schnell untergehen. Um sicherzustellen, dass auch introvertierte Mitarbeitende zu Wort kommen und nicht eine Person das Meeting dominiert, können sich Teams zum Beispiel darauf einigen, virtuelle Handzeichen zu nutzen und einer Person die Rolle zu übertragen, auf Wortmeldungen zu reagieren indem sie entsprechend Personen „aufruft“.
Technische Möglichkeiten und klare Rollenaufteilung
Es ist empfehlenswert sich mit der vollen Bandbreite der technischen Möglichkeiten und Funktionen der beliebten Programme auseinanderzusetzten und diese auch zu nutzen. Bei größeren Gruppen sind Break-Out Räume und das Nutzen der Abstimmungsfunktion extrem hilfreich um sicherzustellen, dass verschiedene Persönlichkeitstypen miteinbezogen werden und alle Stimmen im Team gleichermaßen Gehör finden.
Die Moderation ist hierbei absolut notwendig, denn nur wenn eine Person die Verantwortung dafür zugeschrieben bekommt, das Teamverhalten zu beobachten und Fehlverhalten zu benennen, wird sie vom Team in dieser Funktion legitimiert. Das konsequente Erinnern an diese Regeln und auch das Hervorheben im Falle der Nicht-einhaltung sind wichtig um zu verhindern, dass diejenigen, die sich im virtuellen Raum wohl fühlen oder dominanter sind die Anderen in den Schatten stellen.
Teammeetings gestalten – eine Führungsaufgabe
Führungskräfte sind gefragt, ihre Teams dabei zu begleiten, einen Modi der für sie passenden Zusammenarbeit zu finden und die Erkenntnisse festzuhalten und regelmäßig wieder herbeizuziehen und zu iterieren. Somit wird auch aus der Covid-19 Arbeitsphase ein gemeinsamer Lernprozess, ein Unterfangen, das die vielfältigen Perspektiven und Lebensrealitäten von Teams abbildet und ihnen gerecht wird.
Bildquelle: Unsplash, (Mikey Harris)