Der „gute Ruf” als Arbeitgeber bildet sich wirksam erst dann aus, wenn Unternehmen verstehen, sich als „Arbeitgeber mit Tiefgang“ zu positionieren.
Anerkennung muss immer stabil über einen längeren Zeitraum wachsen. Employer Branding steht dagegen für ein „Momentum“, ist oft oberflächlich und werblich-konstruiert. Employer Reputation dagegen zielt auf Langfristigkeit, ist authentisch gewachsen und schürft tiefgründiger. Es wird Zeit für einen Paradigmenwechsel in der Nomenklatur und im Denken von Personalerinnen und Personalern, bei der Konzeption der nach innen gerichteten Personalkommunikation und der nach außen gerichteten Arbeitgeberkommunikation: Employer Reputation löst zunehmend das Modell Employer Branding ab.
Unterschiedlichen Gruppen werden differenzierte Leistungsversprechen gegeben. Eine umfassende Arbeitgebermarke unter dem Motto „One Brand Fits All“ kann diese Vielfalt nicht abbilden, ohne zu allgemein und somit belanglos zu werden.
Der andere Weg nach der Leitlinie „Jeder Gruppe ihre Arbeitgebermarke“ ist ebenfalls problematisch: Oft fehlt dann die verbindende Klammer, die dem Arbeitgeber als Ganzes Profil gibt. Die Arbeitgebermarke folgt normalerweise den personalwirtschaftlichen Zielen und der davon abgeleiteten HR-Strategie. Da diese in unserer volatilen Wirtschaftswelt mit zunehmendem Tempo wechseln, ist schnell klar: Eine Arbeitgebermarke, die heute noch einen guten Job macht, muss morgen vielleicht schon von einer aktuellen, neuen Marke abgelöst werden. Unternehmen können nur dann gewinnen, wenn sie hier zur rechten Zeit wirkungsvoll (nach-)steuern, kontinuierlich schärfen und sich auch vor grundlegenden Neujustierungen nicht scheuen.
Risiko Social Media
Schließlich nimmt die Erosion der Arbeitgebermarken durch den stark veränderten Charakter der modernen Kommunikation zu. Die erste These des „Cluetrain Manifests“ benennt den Kern der Herausforderung: „Märkte sind Gespräche“. Auch Personalmärkte sind solche Gespräche. Über Medien wie Facebook und Twitter bewerten Mitarbeiter:innen ihre Arbeitgeber. Sie tauschen sich über deren Stärken und Schwächen aus – und nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. Auch eine gut inszenierte Arbeitgebermarke verliert an Strahlkraft, wenn sie auf einer Bewertungsplattform mit Kritik überzogen wird. Die entscheidende Größe beim internen Arbeitgeberimage sind die Führungskräfte und deren Kommunikationsfähigkeit.
Von der Marke zum Ansehen
Starke Arbeitgebermarken sind nach wie vor entscheidend. Vor dem skizzierten Hintergrund sollte das Konzept „Employer Branding“ jedoch weiter gedacht und in einen konzeptionell-strategischen Rahmen eingebettet werden. Dieser Rahmen wirkt den bereits beschriebenen Erosionskräften Diversity, Agilität und Kommunikation entgegen und verstärkt die Strahlkraft der Arbeitgebermarke. Auf diese Weise erhält Diversity eine verbindende Basis, Agilität eine nachhaltige Perspektive und Kommunikation eine ansprechende Form. Von der gemachten Marke kommen wir so zum gewachsenen Ansehen eines Unternehmens als Arbeitgeber – nämlich zu seiner Reputation, zu seinem Ruf. Reputation wirkt wie gewünscht auf einer übergeordneten, klammernden Ebene: Mit einem weiten Zeithorizont weist sie über das agile Markengeschäft hinaus und der gute Ruf integriert sich semantisch in den Dialog und somit in den allgegenwärtigen Kontext der modernen Kommunikation.
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Vergleich – Modelle gegenüberstellen
Employer Brand und Employer Reputation lassen sich nicht absolut trennscharf abgrenzen. Sie hängen zusammen und verbinden sich teilweise miteinander. Dennoch lohnt es sich, mithilfe der beiden Begriffe die steigenden Anforderungen an die HR-Kommunikation zu verstehen und in funktional differenzierte Modelle zu übersetzen.
Authentische Erfahrungen
Es kommt darauf an, dass Mitarbeiter:innen gut über ihr Unternehmen reden, das ist verbindlich und glaubwürdig. Weil die Employer Reputationaus sich selbst heraus gewachsen ist und von den Mitarbeitenden aus freien Stücken kommuniziert wird, gewinnt sie langfristig an Glaubwürdigkeit, Überzeugungskraft und hält auch kritische Stimmenaus. Vertrauen entsteht aus echten Erfahrungen, die viele Mitarbeiter:innen über einen langen Zeitraum mit ihrem Arbeitgeber gemacht haben. Weil der gute Ruf über lange Jahre wächst, wird er selbst in Krisenzeiten nicht so schnell beschädigt wie die Arbeitgebermarke.
Themen mit Tiefgang
Mit Employer Reputation sind besondere Themen verbunden. Während beim Employer Branding möglichst spezifische und eben auch wechselnde Leistungsversprechen gegeben werden zum Beispiel: „Bei uns können Sie zügig Karriere machen“ oder: „Wir bieten Ihnen eine überdurchschnittlich hohe Vergütung“ gründet Employer Reputation tiefer. Bei ihr geht es vor allem darum, einen Sinn zu stiften und erlebbar zu machen.
Sinn – was ist das?
Unter Sinn ist zum Beispiel die ethische Haltung eines Unternehmens zu seinen Produktionsstandards zu sehen – seine gelebte Kultur. Sinn steht für die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Mitarbeitern umgehen. Sinn ergibt sich auch aus dem Zweck eines Unternehmens, aus dem Nutzen, den seine Produkte und Dienstleistungen den Kunden und der Gesellschaft bringen. Mit dem Sinn lassen sich auch für das Personalmarketing wirksame Ableitungen treffen, die als Unternehmensbotschaft nach innen und außen zudem eine deutlich höhere Halbwertzeit haben als Marken fokussierende Kreativkampagnen. Aus den kommunikativ sichtbar zu machenden Sinnbezügen ergeben sich im Laufe der Zeit das Ansehen eines Unternehmens und seine anerkannte Reputation als Arbeitgeber, die so zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beitragen.
Wichtige Kommunikatoren
Dieser Sinn muss konsequent kommuniziert werden. Ein wirkungsvolles Employer-Reputation-Management erfordert einen laufenden Dialog. Es geht darum, potenzielle und bestehende Mitarbeiter:innen zu einem dauerhaften und authentischen Dialog einzuladen. Geeignete Instrumente sind hier weniger die klassische Imageanzeige oder die schmucke Karriereseite – die an anderer Stelle natürlich ihre Berechtigung haben –, sondern zum Beispiel substanzielle Beiträge in der Presse, eine effektive und effiziente HR-PR. Entscheidend ist der Aufbau und die Gestaltung von Beziehungen zur (Fach-)Presse. Erreicht wird das mit überzeugenden Angeboten, zum Beispiel die offene Thematisierung eines kritischen Themas oder unpopulärer personalwirtschaftlicher Herausforderungen. Dazu gehört es auch, trendige Personalmarketingthemen gegen den Strich zu bürsten. Dann erst wirken die Erfolgsberichte und Positivbeiträge über innovative Programme des Unternehmens glaubwürdig. Auch Kontakte zu Bloggerinnen und Bloggern spielen bei einem systematischen Employer-Reputationsmanagement eine entscheidende Rolle. Blogger:innen sind Menschen, die eine kritische Auseinandersetzung suchen, die als Meinungsbildner für das Arbeitgeberansehen als relevant erkannt wurden. Sie sollten mit neuen Ideen und inhaltlichen Angeboten immer wieder überrascht werden. Generell gilt: je individueller die PR-Ansprache, desto besser. Zudem kommt es ganz entscheidend darauf an, Führungskräfte in ihrer Rolle als „Personalarbeiter:in“ im Sinne des Reputationsmanagements fit zu machen: Sie müssen die Reputationswerte und -stärken ihres Hauses kennen, sie vorleben und überzeugend weitergeben.
In die Zukunft denken
Es ist demnach eine Gesamtstrategie gefragt, die zum einen auf agile Employer Brands setzt, diesen aber dann mit einem Employer-Reputation-Konzept einen dauerhaften und stabilen Rahmen gibt.
Ernsthafte Employer Reputation fordert Konsequenz, dauerhaftes Bemühen und ständige Arbeit. Leben ist Evolution. Das bedeutet, dass wir künftig offen sein müssen für sich verändernde Kulturen – ein statisches Employer Branding kann immer nur für eine beschränkte Zeit wirken. Employer Branding darf nicht zu einem festgeschriebenen System werden, es muss sich öffnen und bereit sein, offen für Veränderungen zu bleiben: Was wir brauchen sind wandlungsfähige Employer Brands, kurzum die Ablösung des klassischen Employer-Branding-Konzepts durch nachhaltige Employer Reputation.