Die Rolle von HR-Abteilungen ändert sich gewaltig. Aus Business-Partnern werden Business-Enabler. In dieser Rolle müssen sie Entwicklungen voraussehen können. Und das geht nur, wenn sie wissen, wie Geschäfte gemacht werden. In der Personalabteilung lernen sie das nicht. Deshalb sollten sie raus, um in operativen Bereichen das Business und die Führung zu lernen.
Früher war nicht alles besser, wie das Beispiel Bildungsarbeit von HR-Abteilungen zeigt. Gelernt wurde meist im klassischen Seminar, getrennt von der Arbeit. Maßstab für die Leistung des Bildungsbereichs waren Kalendertage – Seminarbesuche gut, alles gut. Der Job von Personalentwicklern eine verwaltende und administrative Aufgabe; im Personalbereich dominierten Juristen. Und die vorrangige Aufgabe von HR-Leuten ist es gewesen, Mitarbeiter einzustellen und rechtssicher zu kündigen – wenn es sein musste.
Auf die Juristen-Ära folgten Sozialwissenschaftler. Berufsbedingt setzten die sich stark mit dem Lernen auseinander. Soziologen, Psychologen, Pädagogen erschufen sich ihre eigene Welt. Personalabteilungen wandelten sich von Paragrafenreitern zu Betreibern von Wohlfühlzonen. Die Programme der Sozialwissenschaftler waren zwar toll. Aber es kam der Bezug zur Unternehmensrealität zu kurz. Aufgrund seiner mangelnden, operativen Erfahrung wurden Personalabteilungen oft weder wahr-, noch ernstgenommen.
Die nächste HR-Epoche umfasst die Jahre 1990 bis 2010. Es zählten Werte, nicht nur Leistung, und es kam die Idee von Dave Ulrich mit der Business-Partnerschaft auf. Das war ein gewaltiger Schritt, weil HR plötzlich auf Augenhöhe mit seiner Kundschaft, also mit Mitarbeitern und Vorgesetzten, war.
Heute geht man einen Schritt weiter. Aus Business-Partnern werden Business-Enabler. Personaler sollen Entwicklungen vorwegnehmen, ihre Bereiche müssen neu aufgestellt werden. Und das in einem Umfeld volatiler und globaler Märkte sowie neuer Technologien.
Heute kann man das Wissen der Mitarbeiter tatsächlich vernetzen, soziale Netzwerke und Software für kollaboratives Arbeiten bieten hervorragende Möglichkeiten hierfür. Doch dazu muss die Unternehmenskultur passen und die Mitarbeiter müssen die Technologien annehmen. Lernen mittels Technik ist zudem eine organisatorische Frage: soll den Mitarbeitern gestattet werden, ihre eigenen Geräte geschäftlich zu nutzen, weil im Unternehmen steinzeitliche Kommunikationsgeräte die Regel sind?
So wie in den Fachabteilungen tun sich auch manche ältere Semester im HR-Bereich mit den neuen technischen Möglichkeiten schwer. Sie müssen sie erlernen, um kompetent beraten zu können. Und sie müssen in ihrem Denken und Handeln neue Wege gehen, um die Trennung zwischen Arbeit und Lernen aufzulösen.
Doch wie schaffen die Personaler den Wandel in der HR-Abteilung?
Personaler brauchen Mut, Unterstützung und vor allem mehr Diversity im Personalbereich. Und zwar nicht nur im klassischen Sinne, sondern durch Erfahrung aus anderen Bereichen. Typisch für Deutschland ist allerdings, dass viele Personaler ihr gesamtes Berufsleben im HR-Bereich verbringen. Es gibt nur wenige Führungskräfte im Personalbereich, die Führungserfahrung in anderen Bereichen haben.
Empfehlung für HR-Experten
Es ergeben sich daraus zwei Forderungen an die verantwortlichen Experten: HR-Manager müssen raus, an die Front. Und sie sollen Führungskräften im operativen Geschäft vermitteln, stärker an Mitarbeiter zu denken. Viele Vorgesetzte verstehen sich nämlich immer noch als oberste Sachbearbeiter und verkennen dabei ihre Hauptaufgabe: die Führung von Mitarbeitern. Mehrere Studien belegen, dass auf der mittleren Ebene immer die fachliche Qualifikation im Vordergrund steht. Es ist aber genau diese Ebene, die die größte Führungsleistung vollbringen sollte, weil sie die meisten Mitarbeiter zu führen hat. So wird aus der Führungskrise ein Massenproblem.
Das Ende der Kaminkarriere
Zu lösen ist das, indem wir uns von Kaminkarrieren verabschieden. Wer im HR-Bereich eine Führungsaufgabe will, sollte Führungserfahrung aus einem operativen Bereich mitbringen. Die Vita des neuen Vorstandsvorsitzenden von BMW ist ein gutes Beispiel dafür: der Ingenieur Harald Krüger kam aus dem Produktionsbereich, wurde Personalvorstand, dann BMW-Chef. Diese mustergültige Durchlässigkeit sollte es auf allen Ebenen geben, vorgelebt und initiiert von Personalern. Entgegen dem funktionalen Silodenken weil in dem zusätzlich die Vernetzung viel zu kurz kommt.
Personaler stehen aktuell vor den Fragen: Wie schaffe ich es, stärker unternehmerisch zu denken? Und wie kann ich Prozesse unterstützen? Das war auch der Tenor bei der ATD Konferenz im Mai 2015 in Orlando. Die Rolle des Personalentwicklers wurde dort gesehen als unterstützende, strategische und im Entwickeln neuer Lernwege. Der amerikanische Consultant und Wissensmanagement-Experte Marc Rosenberg sagte nach seinen Worten sinngemäß: Im Kommunikationszeitalter ist die Kernaufgabe der Personalabteilung nicht mehr, Trainings durchzuführen. Wissen wächst immer schneller, gleichzeitig altert es rapide. Trainings allein erzeugen daher keine Kompetenz. In den Vordergrund rücken neben dem Austausch in sozialen Netzwerken das informelle Lernen am Arbeitsplatz sowie Coaching und Mentoring.
Was passiert, wenn Personalentwickler sich nicht weiter entwickeln? Dann laufen sie Gefahr, der Heizer auf der E-Lok zu sein – also überflüssig. Personalentwickler braucht man nicht, wenn von denen nichts kommt, was das Unternehmen weiterbringt. Bei gutem Gelingen des Wandels erwartet sie ein Ähnliches, wie Mitte der 1990er-Jahre, als das Businesspartner-Konzept aufkam: Personaler sind seitdem auf Augenhöhe mit ihren Kunden. Das haben viele HR-Abteilungen geschafft. Und wir können davon ausgehen, dass sie auch ihre neue Rolle einnehmen werden, als Vordenker. Dieser Wandel ist entscheidend. Nur wem er gelingt, kann sichtbar seinen Teil zur Unternehmensentwicklung beitragen und wird ernst genommen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten selbstverständlich gleichermaßen für beide Geschlechter.
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