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Warum das Peer-to-Peer-Lernen immer populärer wird

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In Zeiten agiler Arbeit und sich ständig erneuerndem Wissen bekommt “lebenslanges Lernen” eine neue Bedeutung. Menschen und Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Lernen neu zu denken. Das Modell des Peer-to-Peer-Lernens ist ein Ansatz.

Seit über zehn Jahren treffen sich Bildungsinteressierte auf dem Corporate Learning Camp, um sich über Weiterbildung und Lernen auszutauschen. Das Format des BarCamps sieht vor, dass es keine vorab festgelegte Agenda und keine eingeladenen Referent:innen gibt. Alles wird von den Teilnehmenden vor Ort abgestimmt. Wer ein Thema diskutieren möchte, stellt es zu Beginn eines BarCamp-Tages kurz vor. Dann kommt es auf den Sessionplan des BarCamps und erhält einen Raum und eine Uhrzeit. Aus den Teilnehmenden werden so Teilgebende. Diskutiert wird „auf Augenhöhe“. Nach dem ersten Corporate Learning Camp am 9. September 2011 in Darmstadt berichtete Initiator Karlheinz Pape von „80 begeisterten Teilnehmern“. Das Interesse ist seitdem stetig gewachsen. Zum letzten Corporate Learning Camp vor der Pandemie meldeten sich über 300 Interessierte an. Als die Treffen vor Ort nicht mehr möglich waren, wurde das Format in den virtuellen Raum übersetzt.

Die Merkmale von Peer-to-Peer-Formaten

BarCamps sind vielleicht das bekannteste Format des Peer-to-Peer-Lernens. In den letzten Jahren sind viele weitere Formate hinzugekommen: Working Out Loud, Learning Circles, Lean Coffees. Auch Communities of Practice, Massive Open Online Courses, die auf die Vernetzung der Teilnehmenden setzen, sowie der Austausch über soziale Netzwerke gehören in diese Reihe. Wenn man nach gemeinsamen Merkmalen dieser, zum Teil sehr unterschiedlichen Lernformen sucht, kann man festhalten:

  • Es zählt das Prinzip der Selbstorganisation: Lernende schließen sich eigeninitiativ zusammen, um miteinander und voneinander zu lernen.
  • Die Trennung von Lehrenden und Lernenden wird aufgehoben: Peer-to-Peer-Lernen bedeutet, sich gleichberechtigt mit anderen auszutauschen.
  • Die Lernthemen, Lerninteressen und Bedürfnisse der Lernenden rücken in den Mittelpunkt.
  • Austausch und Vernetzung sowie Diversität von Perspektiven und Meinungen besitzen einen hohen Stellenwert.

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Peer-to-Peer-Lernen in der Praxis

Es ist sicher kein Zufall, dass diese Formate an immer mehr Stellen von immer mehr Menschen geschätzt und praktiziert werden. Mitarbeitende wollen mehr Verantwortung für „ihr“ Lernen übernehmen und suchen nach Formaten und Formen, die sie auf diesem Weg unterstützen. Das Lernen mit und von anderen macht es leichter, die Appelle nach „lebenslangem Lernen“ und nach der Beschäftigung mit „future skills“ in konkrete Aktivitäten zu übersetzen. Man baut Vertrauen auf, berichtet im kleinen, geschützten Kreis gerne von Erfolgen wie Misserfolgen, motiviert sich gegenseitig und gibt Feedback.

1. Beispiel Bayer AG

Die Formate des Peer-to-Peer-Lernens sind auch für Unternehmen und Organisationen interessant. Auf der Zukunft Personal, der großen HR-Messe in Köln, stellte Matthias Wiencke, Skill Manager in der IT der Bayer AG, drei Initiativen aus seinem Verantwortungsbereich vor. Er berichtete von „Peer Learning Circles“, um das kontinuierliche Lernen in Teams zu fördern, von einem „Capability Camp“ als Rahmen für agile Lernprozesse in Teams und einem „Lern-a-thon“, um das Lernen von- und miteinander auf Organisationsebene zu unterstützen.¹

2. Beispiel DATEV

Ein paar Wochen zuvor, auf der Agile HR Konferenz, stellten DATEV-Mitarbeiter:innen vor, welche Wege das Unternehmen in den letzten Jahren gegangen ist, um das selbstorganisierte und informelle Lernen in Teams und im Arbeitsprozess zu unterstützen. Die Rede war unter anderem von CoCreationCamps, DigiCamps, Open Spaces, internen Communities und offenen Netzwerktreffen mit Kund:innen, Anwender:innen und Berater:innen, von Learning Circles sowie neuen Rollen und Aufgaben für Mitarbeitende wie Lerncoaches, Lernbegleiter:innen und Lernmultiplikator:innen. Weitere Informationen findet man unter dem Hashtag #DATEVlernt in den sozialen Netzwerken.

Die Bayer AG und DATEV stehen mit ihren Aktivitäten nicht allein da. Viele Unternehmen setzen sich heute mit den neuen Formaten des Peer-to-Peer-Lernens auseinander und überlegen, wie sie ihre Mitarbeitenden für diese Formen begeistern können. Die Bandbreite der Projekte und Aktivitäten ist groß: Mal folgt man den methodischen Vorgaben und Spielregeln der Formate und versucht, sie in einzelnen Unternehmensbereichen einzuführen. Häufig werden die Formate auch an die Kultur und den Kontext des eigenen Unternehmens angepasst und es entstehen neue, spannende Lernformen. Oft sind es jedoch einzelne Bildungsenthusiasten, die mit oder in ihren Teams einfach loslegen.

Vorteile des Peer-to-Peer-Lernens

In jedem Fall begeben sich die Unternehmen damit auf einen Weg, der einen langen Atem braucht. Schließlich ist die Vorstellung, dass Führungskräfte, Expert:innen und Trainer:innen Bildung und Lernen verantworten und steuern, immer noch fest verankert. Was die Formate des Peer-to-Peer-Lernens trotzdem so attraktiv macht, ist der Umstand, dass sie unmittelbar an neue, agile Formen der Zusammenarbeit anschließen und das selbstgesteuerte, vernetzte Lernen unterstützen. Damit sprechen sie vor allem Wissensarbeiter:innen an. Andere Zielgruppen aus Produktion und Fertigung sind hier heute noch selten involviert.

Herausforderungen des Peer-to-Peer-Lernens

Auch für die Personalentwicklung sind diese Formate häufig Neuland. Wie verhält man sich solchen Projekten und Initiativen gegenüber, wenn sie auf einmal im Unternehmen auftauchen? Einzelne Bildungsexpert:innen haben es sich zur Aufgabe gemacht, selbst Erfahrungen mit dem Peer-to-Peer-Lernen zu sammeln und, zum Beispiel unter dem Dach der Corporate Learning Community, die Formate auszuprobieren. Andere sind schon einen Schritt weiter und setzen sich mit den neuen Aufgaben auseinander, die mit dem Peer-to-Peer-Lernen verbunden sind. Denn auch beim Lernen auf Augenhöhe müssen Lernziele gesetzt, Lernressourcen kuratiert, muss organisiert und moderiert, kommuniziert und dokumentiert werden.

Der nächste Schritt

Für alle Beteiligten handelt es sich um neue Prozesse und Erfahrungen. Vieles wird gerade probiert und pilotiert. Das spricht dafür, den Austausch über Erfolge und Herausforderungen des Peer-to-Peer-Lernens zu intensivieren.

Sie möchten mehr über New Learning erfahren? Dann lesen Sie unseren Blogartikel Vier Gründe für New Learning im Business.

¹ Quelle: https://podcast.opensap.info/education-newscast/2022/09/19/enc212-new-learning-in-der-praxis-bei-bayer-mit-matthias-wiencke/

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Über den:die Autor:in

Dr. Jochen Robes

ist Personalentwicklungs- und Bildungsexperte und spezialisiert auf die Konzeption, Umsetzung und Durchführung von Online- und Blended Learning-Projekten in Unternehmen und Organisationen

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