Die Stromsteuer und die Energiesteuer belasten als indirekte Steuern den Verbrauch von Strom sowie der sog. Energieerzeugnisse, z.B. Erdgas oder Heizöl. Sie stellen daher gerade für energieintensive Unternehmen eine deutliche Kostenbelastung dar. Diese Belastung gilt es zu optimieren. Hierfür bietet das Strom- und Energiesteuerrecht zahlreiche Möglichkeiten, insbesondere durch die Steuerentlastungen für die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes (§ 2 Nr. 3 StromStG). Die Inanspruchnahme dieser Entlastungen gestaltet sich jedoch zunehmend herausfordernd.
Grundzüge der Begünstigungen bei Stromsteuer und Energiesteuer
Steuerschuldner der Stromsteuer auf Strom sowie der Energiesteuer auf Energieerzeugnisse sind grundsätzlich die Energieversorgungsunternehmen. Die strom- und energieverbrauchenden Unternehmen sind daher im Regelfall nicht mit der Abwicklung der Steuern befasst, wenngleich sie über die Rechnungen ihrer Versorgungsunternehmen finanziell mit ihr belastet sind.
Für Unternehmen, die dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen sind, besteht allerdings die Möglichkeit der Beantragung weitgehender Strom- und Energiesteuerentlastungen, um diese Kostenbelastung zu reduzieren. Diese Entlastungen sind zum Teil vom Status als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes selbst, teilweise aber auch von den strom- und energieverbrauchenden Prozessen im Unternehmen abhängig.
Entlastungen für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes
So ermöglichen die Steuerentlastungen der §§ 9b, 10 StromStG und §§ 54, 55 EnergieStG auf Antrag des Unternehmens eine bis zu 90%ige Entlastung von der Strom- und Energiesteuer, sofern das Unternehmen ein solches des Produzierenden Gewerbes nach den Vorgaben der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts (Ausgabe 2003), ergänzt um Regelungen des Stromsteuergesetzes (§ 2 Nr. 3 StromStG) ist. Grundsätzlich muss hierfür der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Unternehmens, also der rechtlich kleinsten selbstständigen Einheit, z.B. der einzelnen GmbH oder der AG, in einem als produzierend geltenden Abschnitt der Klassifikation der Wirtschaftszweige liegen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Unternehmen mit der Herstellung von Waren höhere steuerbare Umsätze erzielt oder mehr Mitarbeitende beschäftigt als mit einer reinen Handelstätigkeit.
Handelt es sich um Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, sind grundsätzlich alle Verbräuche an Strom und Energieerzeugnissen begünstigt.
Demgegenüber können Strom und Energieerzeugnisse nicht nur zu bis zu 90%, sondern vollständig von der Steuer entlastet werden, wenn sie nicht nur von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes verbraucht, sondern darüber hinaus auch für bestimmte, gesetzlich definierte Prozesse und Verfahren eingesetzt werden. Diese Steuerentlastungen finden sich für den elektrischen Strom in § 9a StromStG und für die Energieerzeugnisse in § 51 EnergieStG. Begünstigt sind hier z.B. die Verwendung von Strom für die Elektrolyse, für die Metallbearbeitung und -verarbeitung oder die Glasherstellung.
Praktische Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der Steuerentlastungen
Die zumeist jährliche Beantragung der Steuerentlastungen ist dabei keineswegs trivial, es ist auf zahlreiche Besonderheiten zu achten. Entlastungsfähig sind bspw. lediglich die Strommengen bzw. die Energieerzeugnisse, die das antragstellende Unternehmen selbst für eigene betriebliche Zwecke entnommen bzw. verwendet hat, z.B. zum Betrieb von Anlagen und Maschinen, aber auch für die Beleuchtung von Büros. Die Einschränkung auf die Entnahme durch das antragstellende Unternehmen für seine eigenen Zwecke wird insbesondere beim Einsatz von Dienstleistern im Unternehmen zum Problem, z.B. bei einer fremdbetriebenen Kantine, einem externen Sicherheitsdienst oder einem Logistikdienstleister. Hier kommt es nach einer Reihe von Entscheidungen der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs in der Praxis vermehrt zu Zweifelsfragen der Entlastungsfähigkeit von Strom und Energie bei der Einbindung von anderen Unternehmen in den eigenen Prozessen.
Praxisbeispiel
Ein Unternehmen stellt Papier her und gilt als ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes. Es ist damit grundsätzlich berechtigt, die Stromsteuerentlastung für die zu betrieblichen Zwecken eingesetzten Strommengen zu beantragen. Ein Teil des Gesamtstromverbrauchs im Unternehmen entfällt jedoch auf einen Dienstleister, der mit eigenem Personal einen Teil der Produktion übernimmt und dafür stromverbrauchende Anlagen betreibt. Nach aktueller Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung wird die Entnahme des Stroms für den Betrieb dieser Anlagen wohl nicht dem Unternehmen, sondern dem Dienstleister zuzurechnen sein, womit kein entlastungsfähiger Stromverbrauch für das Unternehmen vorliegt.
Die Bestimmung der entlastungsfähigen Menge an Strom gestaltet sich daher in der Praxis oftmals schwierig und es bedarf der detaillierten Prüfung der Umstände des jeweiligen Unternehmens, Verallgemeinerungen sind nur schwerlich möglich.
Problemfeld Weitergabe der „Nutzenergie“
Darüber hinaus ist auch die Weitergabe der sog. Nutzenergie ein häufiges Problemfeld in strom- und energiesteuerlichen Außenprüfungen durch die Zollverwaltung. Entlastungsfähig sind Strom und Energieerzeugnisse zur Erzeugung von u.a. Licht oder Wärme nur dann, wenn diese sog. Nutzenergie auch durch das antragstellende oder zumindest ein anderes Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt wird. Hiermit wird ausgeschlossen, dass z.B. die Wärmeerzeugung und -Versorgung anderer Konzerngesellschaften auf eine als produzierend geltende Gesellschaft ausgelagert wird, um die Steuerentlastungsfähigkeit der eingesetzten Energien zu generieren.
Praxisbeispiel
Ein produzierendes Unternehmen erzeugt in einem erdgasbetriebenen Heizkessel Wärme für Produktion und die Heizung von Bürogebäuden. Eines der Bürogebäude wird nicht durch das produzierende Unternehmen, sondern eine (nicht produzierende) Vertriebsgesellschaft genutzt. Damit ist das Erdgas, mit dem das produzierende Unternehmen die Wärme erzeugt, welche die Vertriebsgesellschaft nutzt, grundsätzlich nicht für das produzierende Unternehmen entlastungsfähig.
Einschränkungen bei Elektromobilität
Eine weitere Einschränkung erfährt Strom für die Elektromobilität, z.B. beim Betrieb von Ladesäulen oder Wallboxes zur Ladung von Elektrofahrzeugen. Hier bestimmen §§ 9b und 10 StromStG, dass die Strommengen, die an Elektrofahrzeuge abgegeben wurden, nicht entlastungsfähig sind. Dies gilt unabhängig davon, wem das Fahrzeug gehört, wer es belädt oder für welche Fahrten außerhalb des Betriebsgeländes es eingesetzt wird.
Für die erfolgreiche Inanspruchnahme der Steuerentlastungen ist bei alledem entscheidend, dass die starren Ausschlussfristen für die Beantragung gewahrt werden. Der Steuerentlastungsantrag muss bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf die Verwendung des Stroms bzw. der Energieerzeugnisse folgt, beim örtlich zuständigen Hauptzollamt eingehen.
Praxisbeispiel
Im Jahr 2022 entnahm ein produzierendes Unternehmen Strom für betriebliche Zwecke (Betrieb einer Maschine). Der Antrag auf Steuerentlastung nach z.B. § 9b StromStG muss bis zum Ablauf des Jahres 2023 bei dem für das Unternehmen örtlich zuständige Hauptzollamt eingehen.
Fazit und Ausblick
Es zeigt sich, dass die Anwendung der durchaus umfassenden Steuerentlastungsmöglichkeiten zahlreiche praktische Herausforderungen bergen. Häufige Rechtsänderungen und eine aktive Rechtsprechung erschweren dabei die Rechtsanwendung für die Unternehmen. Nach der Verlängerung des sog. Spitzenausgleichs der § 10 StromStG und § 55 EnergieStG zum Ende des Jahres 2022¹ steht die nächste Gesetzesnovelle bereits bevor. Die Entlastungen sollen mit Wirkung zum 1. Januar 2024 grundlegend neu geregelt werden, erste Entwürfe werden bereits im ersten Halbjahr 2023 erwartet.
¹ Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes zur Verlängerung des sog. Spitzenausgleichs, BGBl. I Nr. 2022/54 vom 23. Dezember 2022, Seite 2483.