Seit dem 1. Januar 2025 bringt eine maßgebliche Änderung im deutschen Gewerbemietrecht neue Herausforderungen und Chancen mit sich. Mit der Einführung des § 578 Abs. 1 S. 2 BGB entfällt die bislang strikte Schriftformerfordernis für langfristige Gewerberaummietverträge zugunsten einer flexibleren Textform. Dieser Paradigmenwechsel, eingebettet in das vierte Bürokratieentlastungsgesetz, trägt der zunehmenden Digitalisierung Rechnung und soll Prozesse in der Praxis erleichtern. Doch was bedeutet dies konkret für Mietverwalter:innen, Vermieter:innen und Gewerberaummieter:innen? Welche Vorteile ergeben sich, und wo lauern potenzielle Stolpersteine?
Abschied von der Schriftform: Ein fundamentaler Umbruch
Bisher mussten langfristige Gewerbemietverträge zwingend in Schriftform abgeschlossen werden, um ihre Wirksamkeit zu behalten (§ 550 BGB). Dies bedeutete, dass alle Vertragsparteien den Vertrag eigenhändig unterzeichnen und eine physische Urkunde vorlegen mussten. Ein Verstoß gegen diese Regelung hatte erhebliche Konsequenzen: Der Mietvertrag galt als unbefristet und konnte unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden.
Die neue Regelung schafft diese formale Hürde ab und erlaubt es, Mietverträge in Textform zu schließen. Das bedeutet, dass ein Mietvertrag nun beispielsweise per E-Mail, als PDF-Dokument oder in einer Cloud-Lösung gültig vereinbart werden kann, solange er lesbar und dauerhaft speicherbar ist.
Die Anforderungen der neuen Textform: Worauf ist zu achten?
Damit ein Gewerbemietvertrag in Textform rechtswirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Dauerhafte Lesbarkeit: Der Vertrag muss auf einem Speichermedium abgelegt werden können, dass die langfristige Einsicht ermöglicht. Geeignet sind hier digitale Dokumente auf Festplatten, Servern oder Cloud-Systemen.
- Identifizierbarkeit des Erklärenden: Es muss ersichtlich sein, von wem die Erklärung stammt, sei es durch eine namentliche Nennung im Vertragstext oder durch eine klar zuordenbare E-Mail-Adresse.
- Erkennbarkeit des Vertragsabschlusses: Der Vertrag muss eine abschließende Gestaltung haben. Dies kann durch eine Signatur, eine Datierung oder eine eindeutige Schlussformel erfolgen.

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Vorteile: Mehr Flexibilität für alle Beteiligten
Die Neuregelung bringt vor allem drei wesentliche Vorteile mit sich:
- Schnellere Vertragsabschlüsse: Gewerbemietverträge können nun ohne aufwendige postalische Prozesse oder persönliche Unterschriften geschlossen werden. Dies beschleunigt den gesamten Mietprozess erheblich.
- Bessere Integration in digitale Workflows: Immobilienverwaltungen, Vermieter:innen und Unternehmen können Mietverträge nahtlos in ihre bestehenden digitalen Verwaltungsstrukturen einbinden.
- Reduzierung von Formfehlern: Die bisher bestehende Gefahr, dass Mietverträge wegen kleiner Formverstöße als unbefristet gelten, wird minimiert.
Herausforderungen: Wo bleiben Unsicherheiten?
Trotz der Erleichterungen gibt es einige Punkte, die weiterhin kritisch betrachtet werden sollten:
- Beweiskraft im Streitfall: Während eine schriftliche Urkunde schwer zu fälschen ist, könnten sich digitale Dokumente als anfälliger erweisen. Hier wird es in der Praxis darauf ankommen, ob Gerichte etwa E-Mail-Korrespondenzen als hinreichenden Nachweis ansehen.
- Fehlende Warnfunktion: Die Schriftform diente bisher auch dazu, Parteien vor unüberlegten, langfristigen Bindungen zu schützen. Diese Schutzfunktion entfällt mit der neuen Textform.
Inhalt bleibt entscheidend: Keine Änderungen bei den Vertragsbedingungen
Unabhängig von der Änderung der Form bleibt der materielle Inhalt eines Gewerbemietvertrags entscheidend. Folgende Bestandteile müssen weiterhin klar geregelt werden:
- Mietgegenstand
- Miethöhe und Zahlungsmodalitäten
- Laufzeit und Kündigungsfristen
- Nutzungsklauseln und Instandhaltungspflichten
Praxisnahe Tipps für Mietverwalter:innen, Vermieter:innen und Gewerbemieter:innen
Um sicherzustellen, dass Mietverträge auch in Textform rechtssicher gestaltet werden, sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Eindeutige Vertragsgestaltung: Der Vertrag sollte klar strukturiert sein und durch Datierung, Absenderangabe und eine eindeutige Bestätigung des Mietenden oder Vermietenden abgeschlossen werden.
- Digitale Signaturen nutzen: Auch wenn keine eigenhändige Unterschrift mehr erforderlich ist, können digitale Signaturen oder Authentifizierungsverfahren für mehr Sicherheit sorgen.
- Daten sicher archivieren: Mietverwalter:innen und Vermieter:innen sollten Verträge in sicheren Cloud-Lösungen oder internen Datenbanken speichern, um im Streitfall schnell Zugriff zu haben.
- Kommunikation klar dokumentieren: Bei Verhandlungen per E-Mail oder Messenger-Diensten sollten zentrale Absprachen gut dokumentiert und abgespeichert werden, um Streitigkeiten zu vermeiden.
- Schriftformklauseln prüfen: Viele bestehende Gewerbemietverträge enthalten Klauseln, die weiterhin die Schriftform vorschreiben. Hier sollten Vermieter prüfen, ob eine Anpassung notwendig ist.
Fazit: Ein fortschrittlicher Schritt mit neuen Herausforderungen
Die Umstellung auf die Textform für Gewerbemietverträge stellt zweifellos einen Meilenstein in der Digitalisierung des Mietrechts dar. Sie bietet mehr Flexibilität, reduziert Bürokratie und beschleunigt Prozesse. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie sich die Beweiskraft dieser Verträge in der Praxis bewähren wird und ob sich neue rechtliche Herausforderungen ergeben.
Mietverwalter:innen, Vermieter:innen und Gewerbemieter:innen sollten sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen und ihre Vertragsprozesse entsprechend anpassen. Die Zukunft des Gewerbemietrechts wird digitaler – mit allen Chancen und Risiken, die das mit sich bringt.

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